Ministerin erhofft mehr Geld und Personal

"Justizgipfel" beim Bundeskanzler

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) lädt Donnerstagnachmittag zu einem Justizgipfel. Dabei will der Kanzler die Probleme der Justiz diskutieren und offenbar auch helfen, diese zu beseitigen. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hofft auf mehr Budget. Die Opposition hat geringe Erwartungen.

"Konstruktive Vorgespräche "

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner im Morgenjournal-Interview vom 26.8.2010 mit

Ministerin zuversichtlich

Seit Monaten stehen Staatsanwaltschaften, Gerichte bis hin zur Justizministerin im Kreuzfeuer der Kritik. Bandion.Ortner nimmt die Justiz in Schutz. Sie habe nicht den Eindruck, dass zu langsam ermittelt werde. Dass die Verfahren ihre Zeit brauchen, liege an der Komplexität der Fälle. Handlungsbedarf sieht sie aber offenbar doch: Denn vor dem heutigen Justizgipfel geht sie in die Offensive und fordert mehr Personal und mehr Geld, um etwa Experten "zuzukaufen". Das soll sicherstellen, dass Korruption und Wirtschaftskriminalität noch wirksamer bekämpft werden können. Sie habe bereits "konstruktive" Vorgespräche mit Kanzler und Vizekanzler geführt und sei zuversichtlich, dass man sie unterstützen wird. Denn "gerade in Zeiten der Krise ist eine funktionsfähige Justiz das Um und Auf", so Bandion-Ortner.

Morgenjournal, 26.08.2010

FPÖ erwartet "Hügelchen"

Die Justizsprecher der Oppositionsparteien. Sie erwarten sich wenig bis gar nichts von dem Treffen. FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer betrachtet den heutigen Justizgipfel eher als "Hügelchen", bei dem justizunkundige Personen "wie (Beamtenministerin) Heinisch-Hosek zum Beispiel und andere Personen, Bundeskanzler nicht ausgeschlossen" Informationen von Kundigen aus der Justiz bekommen". Das sei ja immerhin schon etwas und schade nie, so Fichtenbauer.

Grüne: Wenig durchsetzungsstark

Ein ebenso pessimistischer grüner Justizsprecher Albert Steinhauser begründet seine Skepsis damit, dass die Regierung schon bisher in Sachen Justiz wenig zusammengebracht habe. Es müsste mehr Personal für die Justiz geben, aber Bandion-Ortner gelte da als wenig durchsetzungsstark.

BZÖ: "Placebo-Veranstaltung"

Wenig Vertrauen schlägt der Justizministerin auch vonseiten des BZÖ entgegen. "Die Ministerin wird immer mehr zur schwachen Figur dieser Regierung", lautet der Befund des orangen Justizsprechers Ewald Stadler. Dementsprechend gering auch seine Erwartungen an den heutigen Gipfel: "Das ist eine Placebo-Veranstaltung." Die Justiz sei noch nie so vor den "schwarzen Parteikarren" gespannt gewesen, so Stadler.

SPÖ-Zuversicht

Etwas gnädiger als die Oppositionsmandatare ist SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Er hält es für möglich, dass rote und schwarze Regierungsmitglieder heute etwas bewegen können, denn dafür sei höchste Zeit. Es gebe viele Vorschläge aus den Reihen der Justiz, die einfach umgesetzt werden müssten. Er hoffe, dass die Ministerin ausreichend Gehör dafür bekomme.

Morgenjournal, 26.08.2010

"Vergessene" Ermittlungen

Begonnen hat die anhaltende Kritik an der Justiz bereits vor einem Jahr. Beim Spitzel-Untersuchungsausschuss im Parlament wurden die Ermittlungen in der "Strasser-Email-Affäre" hinterfragt. Dabei stellte sich heraus, dass nicht erhoben wurde, ob sich der Ex-ÖVP-Minister und sein Kabinett des Amtsmissbrauches schuldig gemacht haben. Dieser Aktenteil wurde vom Staatsanwalt glatt vergessen. Ein Umstand der wochenlang für politischen und medialen Wirbel gesorgt hat.

Umstrittene Ortstafel-Entscheidung

Die nächste Kritik folgte für die Entscheidung der Justiz, den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler im Ortstafelkonflikt nicht des Amtsmissbrauches anzuklagen. Begründung: Dörfler hätte die Entscheidung des Höchstgerichtes nicht verstanden und daher nicht zur Verantwortung zu ziehen.

Buwog-Affäre

Mittlerweile sorgen neue politisch brisante Fälle dafür, dass sich der Eindruck einer Zweiklassenjustiz in der Öffentlichkeit erhärtet. Besonders Augenmerk gilt hier der Buwog-Affäre, bei der Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein Freundeskreis im Mittelpunkt stehen. Trotz monatelanger Ermittlungen gab es bei Grasser weder eine Einvernahme, noch Kontoöffnungen - was öffentlich heftig kritisiert wurde. Bei der Staatsanwaltschaft verteidigt man sich, für die Durchführung Kontoöffnungen brauche es Beweise. Auf Verdacht hin gehe das nicht.

Hypos: Alpe Adria und NÖ

Unter Dauerkritik stehen auch die Ermittlungen bei der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank. Egal ob nun eine Verhaftung erfolgt oder nicht, alles wird dank des Weisungsrechtes der Justizministerin als politisch motiviert interpretiert. Zuletzt hat ein St. Pöltner Staatsanwalt der Glaubwürdigkeit seines Standes einen Bärendienst erwiesen. Er stoppte in der niederösterreichischen Hypo Affäre die Polizeiermittlungen gegen den Willen der Beamten.

Millionen Seiten starke Akten

Kein Wunder wenn das Image der Justiz in der öffentlichen Wahrnehmung sinkt, auch wenn immer beteuert wird, dass es keine politischen Weisungen gibt und unabhängig ermittelt wird. Zur Verteidigung der Staatsanwaltschaften muss man ins Treffen führen, dass die großen Wirtschaftsfälle immer komplexer und umfangreicher werden. So haben die Ermittler beim Kärntner Hypo Verfahren mit drei Millionen Aktenseiten zu kämpfen. Der Akt bei den Constanzia-Immofinanz Ermittlungen umfasst gar mehrere tausend Aktenordner und acht Millionen Seiten Computer-Dokumente.

Unterbesetzte Behörden

Dazu kommt, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften chronisch unterbesetzt und für hochkomplexe Wirtschaftsverfahren nicht immer ausreichend ausgebildet sind, weshalb die Verfahren oft extrem lange dauern. Negativbeispiel ist die Libro-Affäre. Nach zehn Jahren Ermittlungen gibt es nun ein 54 Seiten starke Anklage.