Rückkehr nach Abschiebung

Zou Youeying Brichta aus China

Vor vier Jahren wurden die Chinesin Zou Youeying und ihr österreichischer Mann Adolf Brichta kurz nach der Hochzeit getrennt. Die österreichischen Behörden schoben Zou Youeying Brichta ab. Nach langem, zermürbendem Kampf ist das Ehepaar - vorerst - wieder in Wien vereint.

Moment, 09.09.2010

Adolf Brichta über Vergangenheit und Gegenwart

Jahrelanger Kampf

"Endlich, ich bin erleichtert, ruhiger, die Spannung löst sich", sagt Adolf Brichta, "Wir haben mehr als vier Jahre die Hölle durchgemacht." Er kann kaum glauben, dass seine Frau neben ihm in der Küche sitzt. Vor fünf Tagen ist sie in Wien gelandet.

Der 49-Jährige kämpfte jahrelang für ihre Rückkehr, schaltete Hilfsorganisationen ein, debattierte mit Beamten von Fremdenpolizei und Einwanderungsamt. Er hatte zwei Nervenzusammenbrüche, war tablettenabhängig und verlor seine Arbeit.

Kennenlernen mit Übersetzung

Vor sechs Jahren lernten sie sich kennen: Adolf Brichta stand im Stiegenhaus, die Post fiel ihm aus der Hand, Zou Youeying war gerade auf dem Weg zu einer Freundin, die ihm Haus wohnte. Sie hob seine Post auf, lächelte ihn an. Er bat seine Nachbarin, ein Treffen zu arrangieren. Zu dritt fuhren sie zum Schloss Schönbrunn, schauten sich Rathaus und Parlament an. Die Nachbarin übersetzte. Die Asylwerberin Zou Youeying sprach damals noch kein Wort Deutsch. Sie verliebten sich ineinander und heirateten im Sommer 2005.

"Das war eine Rennerei, alle Papiere zusammenzubekommen. Nach der Hochzeit haben wir gedacht, jetzt ist endlich alles vorbei", erinnert sich Adolf Brichta. Doch 2006 wurde ein neues Fremdenrechtsgesetz erlassen. Der Regierung waren Asylwerber ein Dorn im Auge, die durch Heirat im Land bleiben konnten.

Überraschende Amtshandlungen

Im Februar 2006 läutete es um sechs in der Früh bei dem Ehepaar Brichta im Gemeindebau im fünften Bezirk in Wien an der Tür. Es war dunkel, die beiden waren gerade aufgestanden und noch im Pyjama. Drei Polizeibeamte holten Zou Youeying Brichta ab. Sie durfte sich noch schnell etwas anziehen, ihr Mann begleitete sie aufs Kommissariat im fünften Bezirk.

"Als wir dort waren, haben sie zu meinem Mann gesagt, er solle ruhig zur Arbeit fahren. Ich werde bald auch nach Hause gehen dürfen", erzählt Zou Youeying Brichta. Doch sie wurde eingesperrt, kam in Schubhaft in die Roßauer Lände. Wenn Adolf Brichta sie besuchte, legten sie die Hände auf die Glasscheibe zwischen ihnen.

Schmerzhafte Trennung

Ein Monat nach der Verhaftung erhält er einen Anruf aus Russland. Ein Polizeibeamter erklärt ihm, dass er gemeinsam mit Zou Youeying Brichta auf dem Weg nach China sei. Sie wurde abgeschoben, ohne sich von ihrem Mann verabschieden zu können.

"Die Schmerzen, die ich damals in meinem Herzen hatte, werde ich ein Leben lang nicht vergessen. Das hat mich sehr verletzt. Sie haben mir einfach gesagt, sie schicken mich zurück. Ich durfte nicht mit meinem Mann sprechen, ihn nicht anrufen, ihm keinen Brief schreiben", sagt Zou Youeying Brichta. Mit nur ein wenig Geld in der Tasche landet sie in Peking. Das Geld reicht für das billigste Zugticket in das tausend Kilometer entfernte Shanghai zu ihrer Familie.

Private Zerreißprobe

Adolf Brichta spricht mit Anwälten, Hilfsorganisationen, will seine Frau wieder zurückholen. Der Kampf überfordert ihn, er hat zwei Nervenzusammenbrüche während der Arbeit, wacht im Krankenhaus auf, verliert seine Stelle. Er muss Psychopharmaka schlucken, wird abhängig von den Tabletten, muss den Führerschein abgeben.

Ohne die Unterstützung seiner Familie hätte er es nicht geschafft, erklärt Adolf Brichta. Einige seiner Freunde, jene, die - wie er sagt - gegen Ausländer sind, wenden sich von ihm ab. Adolf und Zou Youeying Brichta telefonieren jeden Tag miteinander. Mit Unterstützung von SOS Mitmensch fliegt er nach Shanghai. "Ich musste einmal pro Jahr nach China fliegen, sonst hätte man die Ehe annullieren können", sagt Adolf Brichta, "Ein Beamter hat mir vorgeschlagen doch nach China zu ziehen, wenn ich mit meiner Frau zusammen sein will, weil sonst wird das nichts mehr."

Strenge Auflagen

Adolf Brichta hat letztes Jahr Arbeit im Lager einer Bank gefunden und erfüllt deshalb die Voraussetzung, um seine Frau nach Österreich zu holen. Für Familienzusammenführung sind bestimmte Richtsätze zu erfüllen. Wer will, dass seine Frau oder Mann nach Österreich kommt, muss mindestens 1.175,45 Euro netto verdienen - bei einer Miete von höchstens 250 Euro.

Beträgt die Miete zum Beispiel 400 Euro, wird der Differenzbetrag, also 150 Euro, auf den Richtsatz aufgeschlagen, das heißt man müsste 1.325,45 Euro netto pro Monat verdienen.

Aufenthalt für ein Jahr?

Zou Youeying Brichta erhielt in Österreich eine Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr. Solang Adolf Brichta seine Arbeit behält, stehen die Chancen gut, dass die Aufenthaltsberechtigung verlängert wird.

Sie lernt intensiv Deutsch, möchte bald wieder in ihrem Beruf als Frisörin arbeiten. "Es ist noch nicht ganz vorbei", sagt Adolf Brichta, "Es ist noch eine Rechnung für die Kosten der Abschiebung über 6.000 Euro offen, und wir werden jedes Jahr neu zittern müssen, ob sie bleiben darf. Aber jetzt ist sie wieder in Österreich, und ich lasse sie auf keinen Fall mehr gehen".

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