Wahlkampf vor Midterm-Elections

Obama kämpft gegen Umfragetief

Am 2. November, zur Hälfte der Amtszeit von Präsident Barack Obama, werden das Repräsentantenhaus, ein Drittel der Senatoren und zahlreiche Gouverneure in den Bundesstaaten neu gewählt. Alle Meinungsumfragen verheißen den Demokraten Verluste. Trotz aller Milliarden-Konjunktur-Pakete ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch. Doch der Präsident versucht das Steuer herumzureißen.

Mittagsjournal, 14.09.2010

Aktiv oder "lame duck"

Für den Präsidenten eine sehr wichtige Wahl, von den Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses hängt ganz entscheidend ab, ob Barack Obama weiterhin seine Ziele umsetzen kann - oder als "lame duck" ("lahme Ente"), wie das in den USA genannt wird, ein eher isoliertes Dasein im Weißen Haus wird fristen müssen.

Umfragetief

Vor einer Woche hat der Intensiv-Wahlkampf für die Kongress-Wahlen begonnen. Seither vergeht kaum ein Tag, an dem Präsident Barack Obama nicht irgendwo vor Kameras über die Wirtschaftslage spricht. Die Arbeitslosigkeit beträgt auch zwei Jahre nach dem Amtsantritt Obamas hohe 9,6 Prozent, nur die Prognosen für das Wirtschaftswachstum sind nach unten gerutscht. Und das bekommen die Demokraten in den Meinungsumfragen, knapp zwei Monate vor den Wahlen, schmerzlich zu spüren.

Zweifel an Wirtschaftskompetenz

Obama: "Bei all dem Fortschritt den wir erreicht haben - wir sind noch nicht am Ziel. Und das führt dazu, dass die Leute frustriert und wütend sind. Seit ich Präsident bin und die Demokraten im Kongress die Mehrheit stellen, ist es verständlich, dass die Leute jetzt fragen, was habt ihr erreicht?" In den Augen vieler Wähler offensichtlich zu wenig - bis zu zehn Prozent liegen die Demokraten in den Umfragen zurück - vor allem in der Frage der Wirtschaftskompetenz ist Obama zurückgefallen.

Schachzug in Steuerfrage

Um sein Ansehen aufzupolieren will Obama jetzt die unter George W. Bush geschaffenen Steuerbefreiungen verlängern - aber nur für den Mittelstand mit Einkommen bis zu 250.000 Dollar. Ein geschicktes Manöver: Sagen die Republikaner Nein, kann sie Obama einmal mehr als Blockierer bezeichnen - stimmen sie zu, kann der Präsident mitten im Wahlkampf Steuerzuckerl verteilen. Und darauf scheint es sich hinzubewegen, so John Boehner, der republikanische Minderheitenführer im Kongress: "Ich will etwas tun für all die Amerikaner, die Steuern zahlen. Wenn das die einzige Möglichkeit ist, einige dieser Steuererleichterungen zu bewahren, dann stimme ich dafür." Ein Teilerfolg Obamas scheint möglich, ein Signal, das die Demokraten bitter nötig hätten.

Reagan-Nostalgie

Die massive Kritik der Republikaner an den Milliarden Konjunkturpaketen Obamas und an der gigantischen Schuldenlast des Staates hat angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise Früchte getragen - gleich mehrere um ihre Wiederwahl bangende Demokraten verweigern weiteren Ausgabe-Plänen mittlerweile ihre Zustimmung. Mitverantwortlich dafür ist die Teaparty - eine konservativ-populistische Protestbewegung, die sich zwei Ziele gesteckt hat: gegen Barack Obama mobil zu machen - und Amerika wieder in die als golden glorifizierten Zeiten eines Ronald Reagan zurückzuführen.

Fast wöchentlich veranstalten Tea Party Anhänger oder "Tee-Beutler", wie sie von ihren Kritikern genannt werden, Protestkundgebungen: So auch letztes Wochenende in Sacramento, St. Louis und Washington: "Wir wollen die Regierung aus unserem Leben raushalten. Die sollen ihre Rechnungen bezahlen - wir brauchen wieder finanzielle Verantwortung im Staat."

Faszination und Schockstarre

Die republikanische Parteispitze beobachtet die Tea Party mit einer Mischung aus Faszination und Schockstarre: Einerseits halten die Protestler republikanische Ideale hoch - doch bei den innerparteilichen Vorwahlen haben bereits in mehreren Staaten - zuletzt in Alaska - zum Teil völlig unbekannte Außenseiter - mit teilweise seltsamen politischen Zielen - Kandidaten der konservativen Parteiführung in Washington aus dem Rennen geworfen.

Frage der Mobilisierung

Der Ausgang der Midterm-Elections genannten Kongresswahlen wird maßgeblich über die politische Handlungsfähigkeit Barack Obamas entscheiden. Politikwissenschaftler Larry Sabato von der Universität Virginia sagt der Regierungspartei Verluste voraus: "Bei dieser Kongresswahl entscheidet die Wahlbeteiligung. Und ich denke, da haben die Demokraten Probleme, ihre Basis zu mobilisieren. Denn diese Regierung hat zu viel versprochen und zu wenig gehalten."

Regionale Wahlkämpfe

Als Gegenrezept setzen die Demokraten auf regionale Wahlkämpfe, so David Plouffe, der die Präsidentschaftskampagne für Barack Obama maßgeblich mitgestaltet hat: "Wir verfügen über eine deutliche Mehrheit - einiges davon werden wir verlieren. Aber ich glaube, wir werden die Kontrolle im Senat und im Repräsentantenhaus behalten, wenn es uns gelingt, das zu Wahlen zwischen einzelnen Personen in Wahlkreisen oder Bundesstaaten zu machen. Und dazu müssen wir die Wahlbeteiligung unserer Anhänger deutlich heben."

Schwarzenegger muss gehen

Am Wahltag, dem zweiten November, werden in gleich 37 Bundesstaaten auch neue Gouverneuere gewählt: Zu jenen Amtsinhabern, die dann ihren Arbeitsplatz verlassen werden, weil sie nicht mehr antreten, gehört übrigens auch der aus Österreich zugezogene Gouverneur Kaliforniens, Arnold Schwarzenegger.