Kindliche Realitätsverweigerung
Der kleine Nick in Österreich
Am Freitag startet der Film "Der Kleine Nick" in den österreichischen Kinos. Es ist die Verfilmung jenes Buches, das Generationen von Kindern und auch Erwachsenen liebten. Regisseur Laurent Tirard verrät im Gespräch Details zur Produktion.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 17.09.2010
Generationenübergreifend
"Le petit Nicolas", auf Deutsch "Der Kleine Nick" genannt, ist ein Jugendbuch auch für Erwachsene, ein Klassiker aus den 60er Jahren, wo es um die Abenteuer eines Schulbuben und seiner Freunde geht.
Es Erzählungen mit viel Charme und in einer heilen Welt, die zum Schmunzeln anregen. René Goscinny, unter anderem bekannt für seine Skipts für Comic Strips wie "Astérix" oder "Lucky Luke" hat die Texte verfasst, Sempé hat sie illustriert.
Nun hat Regisseur Laurent Tirard die Herausforderung angenommen, das Buch zu verfilmen. Am Freitag kommt der Film unter dem Titel "Der kleine Nick", der in Frankreich mit großem Erfolg gelaufen ist, in die österreichischen Kinos.
Zu mutig
Als Laurent Tirard den Auftrag bekam, das Buch " Der Kleine Nick" für den Film zu adaptieren, hat er ohne viel zu überlegen zugesagt: Die Geschichten sind ja sehr bekannt, und gerade deswegen hat er dann so etwas wie Angst vor dem eigenen Mut bekommen.
"Die Leute haben mir gesagt: 'Olala! Das ist ja gefährlich, das kann ordentlich schiefgehen! Bist du sicher, dass du das machen willst?' So ist mir nach und nach bewusst geworden, auf was ich mich da eingelassen habe", erzählt er.
Er musste einfach abschalten, nicht daran denken, was die Leute von ihm erwarteten, denn sonst wäre es sicher schief gegangen. Wenn man einen Film macht, müsse man ihn nach seinem eigenen Geschmack machen und hoffen , dass er auch den anderen gefallen wird, meint Tirard.
Das Rezept für den Film lautete folgendermaßen: "Ich hatte eine ziemlich präzise Idee des kleinen Nick, den ich sehen wollte, den ich gerne als Kind gesehen hätte, und dann habe ich das gemacht, in der Hoffnung, dass er auch anderen gefallen würde."
Ein Vorbild für viele
Der kleine Nick ist ein Klassiker und auch Laurent Tirard identifizierte sich mit dem kleinen Buben: "Das ging so weit, dass ich den Eindruck hatte, er sprach von mir. Der kleine Nick war für mich ein Kind, das immer ein wenig abseits stand. Ich stellte mir ein eher schüchternes, ein wenig introvertiertes Kind vor, das die Welt beobachtete und das viel Phantasie hatte."
Das Buch ist ein wenig altmodisch, alles ist sehr nett, es ist eine heile Welt - das entspricht ja auch einer gewissen Epoche. Für Laurent Tirard stellte sich allerdings die Frage einer Aktualisierung nicht: "Es stimmt, es ist ein sehr braves Buch, ich glaube allerdings nicht, dass das etwas mit der Epoche zu tun hat. Als der kleine Nick erstmals vor 50 Jahren erschien, war er schon altmodisch."
Die Leute hätten auch damals schon gesagt, dass das alles sehr brav war. Sempé und Goscinny selbst wären der Meinung gewesen, denn sie hättenen Erinnerungen aus ihrer eigenen Kindheit in den 30er Jahren erzählt, so der Regisseur.
Die Realität bewusst verleugnen
Eigentlich sei der Kleine Nick ein Märchen, es ginge da gar nicht darum, eine Realität zu zeigen, ganz im Gegenteil. Die Autoren hätten von Anfang an eine heile Welt zeigen wollen, die nichts mit der Realität zu tun hat. Es sei eine Welt, wie sie Kinder sehen. Genau darin vermutet Tirard den Grund für den Erfolg des kleinen Nick.
Ein Regisseur unter Kontrolle
Laurent Tirard hat seine persönliche Sicht des kleinen Nick verfilmt. Allerdings hatte er mit Anne Goscinny, der Tochter des Autors, eine Art Konsulentin für das Drehbuch zur Seite. Sie passte akribisch auf, dass der Geist des Buches nicht verfälscht wurde.
"Bisher hatte ich nie den Eindruck, künstlerisch für das was ich mache Rechenschaft abgeben zu müssen. Ich arbeitete mit Produzenten und wenn es ihnen nicht gefiel, suchte ich einen anderen. Hier hatte ich jemanden, der sagte: 'Das entspricht dem Geist des Buches, das nicht. Das können wir machen, das nicht.' Ich hatte da einen sehr engen Rahmen. Das war manchmal sehr unangenehm. Aber wenn man so einen strikten Rahmen vorgesetzt bekommt, wird man auch kreativ", meint Tirard.
Schließlich hätte Anne gemeint, der Film entspreche dem Geist von Goscinny und Sempé, und der Regisseur habe das Gefühl, einen persönlichen Film gemacht zu haben. Der Zeichner hingegen zeigte kein Interesse am Film: "Er hat von Anfang an gesagt: 'Ein Film ist ein Film und sein Werk ist sein Werk.'" Als Sempé den fertigen Film dann gesehen habe, habe er gemeint: "Ich weiß nicht, wie sie das jetzt verstehen werden, aber ich finde ihn viel besser als erwartet."
Ein teurer Film
Die Herstellung des kleinen Nick war sehr aufwändig: Das Casting, um die geeigneten Kinder-Darsteller zu finden, hat allein vier Monate gedauert, über 800 Kinder sind dabei getestet worden. Die Kosten beziffert Regisseur Laurent Tirard mit 18 Millionen Euro.
Er begründet das große Budget folgendermaßen: "Erstens einmal ist es ein historischer Film, denn er spielt in einer anderen Epoche als der unseren. Außerdem, da es sich um ein Märchen handelt, wollte ich, dass die Ausstattung künstlich aussieht. Alles sollte zu perfekt sein. Der zweite Grund, warum der Film teuer war, ist: Kinder dürfen nicht länger als sechs Stunden arbeiten. So dauerten die Dreharbeiten, die normalerweise zwei Monate gedauert hätten, vier Monate."
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Le Petit Nicholas - Offizielle Homepage