Im Hintergrund wirtschaftliche Interessen

Diplomatische Krise zwischen Japan und China

Ein chinesischer Fischkutter ist zwischen China und Japan in umstrittene Gewässer gefahren und hat zu einer diplomatischen Krise zwischen den beiden Staaten geführt. Am Sonntag hat ein japanisches Gericht die Haft gegen den Kapitän des Fischkutters verlängert, ausgerechnet rund um den heiklen Jahrestag der japanischen Invasion vor 79 Jahren. China warnt vor "schweren Konsequenzen". Hinter dem Streit stehen handfeste wirtschaftliche Interessen.

Anti-japanische Demonstrationen

Wie spontan diese Proteste wirklich waren, sei dahingestellt. In mehreren Städten Chinas sind am Samstag Demonstranten zu japanischen Einrichtungen gezogen, um ihrem Unmut Luft zu machen. Sie trugen antijapanische Transparente – oder wie Herr Wu sogar anderes: "Jeder Chinese sollte aktiv werden. Ich bin Konditor und habe eine Torte mitgebracht."

Mittagsjournal, 20.09.2010

Jahrestag der japanischen Invasion in China

Der vergangene Samstag war der Jahrestag der japanischen Invasion in China. Vor 79 Jahren haben japanische Truppen einen Angriff auf die Mandschurei gestartet und hatten innerhalb weniger Tage mehrere strategische Punkte besetzt. Bis 1934 ist das Gebiet in Nordostchina völlig unter japanische Kontrolle gebracht und wird zum Marionettenstaat.

Chinesischer Kapitän festgenommen

Für die öffentliche Meinung Chinas zeigt sich Japans Imperialismus ausgerechnet dieser Tage wieder – bei einer kleinen Inselgruppe zwischen Taiwan und Okinawa. Anfang September ist vor den Diaoyu-Inseln ein chinesischer Fischkutter mit zwei Schiffen der japanischen Küstenwache kollidiert. Der chinesische Kapitän wird seither festgehalten, weil ihm von Japan vorgeworfen wird, eine Amtshandlung behindert zu haben. Dass der japanische Botschafter in Peking seit Anfang des Monats schon mehrere Male ins Außenamt zitiert worden ist, hat nichts daran geändert: Gestern hat ein japanisches Gericht die Haft um weitere zehn Tage verlängert.

China droht mit Gegenmaßnahmen

Die Reaktion Chinas ist scharf. Beim mittlerweile sechsten Protest vor dem japanischen Botschafter zeigt sich Peking "schwer indigniert". Der durch die japanische Seite verursachte Zwischenfall habe die chinesisch-japanischen Beziehungen schwer beschädigt. China werde scharfe Gegenmaßnahmen ergreifen, lässt Vizeaußenminister Wang über die staatliche Nachrichtenagentur wissen. Die ersten Gegenmaßnahmen gibt es schon: sämtliche Kontakte auf Provinz,- oder Ministeriumsebene und darüber werden eingefroren, Gespräche über den Ausbau der Zivilluftfahrt unterbrochen, ein Treffen, das zum Thema Kohle hätte stattfinden sollen, ist bereits abgesagt.

(Neuerdings) Umstrittene Inselgruppe

China fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung des Kapitäns. Denn China meint, der Fischkutter sei in eigenen Gewässern unterwegs gewesen. Die Diaoyu-Inseln, so China, seien historisches chinesisches Gebiet. In Japan sieht man das anders. Die Senkaku-Inseln, wie sie dort genannt werden, seien seit 1895 Teil Japans. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts habe es dagegen nie einen internationalen Einspruch gegeben. Erst in den 70er Jahren hätten sowohl Festlandchina als auch Taiwan begonnen, Ansprüche auf die Inselgruppe zu erheben. Tatsächlich werden die Inseln von Japan verwaltet.

Handfeste wirtschaftliche Interessen

Während Historiker und Politiker darüber streiten mögen, zu wem die Inseln wann gehört haben und wem Hoheitsrechte über sie wirklich zustehen, geht es im Grunde hier einmal mehr um eines: die Inselgruppe ist nicht als Staatsgebiet interessant, sondern wegen ihrer Rohstoffvorkommen. Tatsächlich streiten China und Japan darüber, wer die hier vermuteten Gas,- und Erdölvorkommen nützen darf. Einmal mehr ist das außenpolitische Interesse Chinas also ein wirtschaftliches und Japan ist nicht der einzige Nachbar, mit dem man um ein paar Inseln streitet.