SPÖ und ÖVP grundsätzlich einig

Mehr Rechte für Scheidungsväter

Die Zeichen für ein neues Scheidungsrecht in Österreich stehen gut. Die zuständigen Ministerinnen von SPÖ und ÖVP sind sich nun grundsätzlich einig, dass Scheidungsväter in manchen Bereichen mehr Rechte bekommen sollen. Sie sollen ihre Kinder künftig mindestens 4 Tage pro Monat sehen dürfen.

Mittagsjournal, 20.09.2010

2 Mal 2 Tage im Monat

Sie wolle den Kindern entgegenkommen und Vätern, die ihre Kinder oft monatelang nicht sehen können, sagt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Und zwar mit einer gesetzlich festgeschriebenen Mindestbesuchszeit: "Ich schlage Mindestbesuchszeiten vor: zwei Mal zwei Tage im Monat als Rahmen, damit Väter ihre Kinder so schnell wie möglich nach Scheidung regelmäßig wieder sehen können."

Mindestbesuchszeit deeskalierend

Von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner von der ÖVP kommt Zustimmung, eine Mindestbesuchszeit würde deeskalierend wirken, sagt sie, "weil man diesen Streitpunkt aus dem Trennungsstreit herausnehmen kann." Zusätzlich kann sich Bandion-Ortner auch vorstellen, dass gesetzlich geregelt wird, dass Kinder in den Ferien mindestens zwei Wochen beim Vater sind oder dass zwei der vier Besuchstage pro Monat ein ganzes durchgehendes Wochenende sein müssen.

Scheidungsfälle nicht vor Gericht

Und beide Ministerinnen betonen: Natürlich können die Eltern darüber hinausgehende Besuchszeiten vereinbaren oder ein Gericht kann sie beschließen.
Einig sind sich die Ministerinnen heute, am ersten Arbeitstag einer Familienrechtsarbeitsgruppe mit Experten, Beamten und Abgeordneten auch schon in einem zweiten Punkt: Scheidungsfälle sollen möglichst nicht bei Gericht landen. Vor allem bei den pro Jahr rund 2500 strittigen Scheidungen soll es zuerst eine Familienberatung geben. Heinisch Hosek: Die Eltern müssten sich mit MediatorInnen zusammensetzen und versuchen, sich zu einigen, was man danach wolle; Mediator vor Richter, so Heinisch-Hosek.

Streitpunkt: Obsorgestreitigkeiten

In zwei weiteren Punkten herrscht noch Uneinigkeit: Heinisch-Hosek will Druck machen auf die Justiz: Obsorgestreitigkeiten sollen spätestens innerhalb eines Jahres entschieden werden - auch mit Hilfe von mehr Gerichtspersonal. Die Justizministerin ist dagegen: Dass Entscheidungen richtig sind, sei wichtiger als dass sie schnell fallen, sagt Bandion-Ortner.

Streitpunkt: Gemeinsame Obsorge

Und anders als Frauenministerin Heinisch-Hosek ist Bandion-Ortner für die automatische gemeinsame Obsorge von geschiedenen Eltern, also für gemeinsame Entscheidungen der Eltern etwa über Wohnort und Schulwahl. Und auch wenn Eltern gar nie verheiratet waren, soll es diese Möglichkeit geben. "Wenn ein Vater bereit ist, väterliche Verantwortung zu übernehmen und auch seinen Unterhalt monatlich bezahlt, warum soll er dann nicht in wichtigen Angelegenheiten mitentscheiden dürfen? Auch ein uneheliches Kind hat Anspruch auf beide Elternteile."

Ergebnis der Arbeitsgruppe

Die SPÖ-Frauenministerin hingegen glaubt, dass man Harmonie so nicht verordnen könne.
Justizministerin Bandion-Ortner hofft aber auf ein Ergebnis der Arbeitsgruppe noch heuer, auf eine politische Einigung, einen Gesetzesbeschluss vor dem Sommer, und auf ein Inkrafttreten der neuen Regelungen im nächsten Herbst.