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Punkt eins
Zeitarmut - Zeitwohlstand
Über den Umgang mit einer beschränkten Ressource. Gast: Clara Himmelbauer, Ökonomin, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsinstituts "Economics of Inequality" an der Wirtschaftsuniversität Wien. Moderation: Andreas Obrecht. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
18. August 2025, 13:00
Manche haben Zeit, aber kein Geld. Wie lässt sich Zeit ohne Geld sinnvoll verbringen? Manche haben Geld, aber keine Zeit. Lässt sich mit Geld Zeit oder zumindest das Versprechen darauf erkaufen? Andere sitzen ihre Arbeitsstunden ab, weil die geforderten Leistungen nicht dem Zeitrahmen entsprechen, wieder andere hetzen atemlos durch die beruflichen Aufgaben, weil die Zeit für all das, was getan werden muss, immer zu knapp ist. Weder die einen noch die anderen sind von dem im Arbeitsrecht verankerten Schema, das Arbeitszeit gegen Lohn verrechnet, hinreichend erfasst. Denn der unterschiedlichen Produktivität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird in diesem System in keiner Weise Rechnung getragen.
Die Politik nimmt sich wieder der Zeit an - es ist von Teilzeit, längerer Stundenarbeitszeit und Lebensarbeitszeit die Rede. Oft wird so getan, als sei Zeit für alle ein frei verfügbares Gut, das nach Belieben auf Arbeitsmärkten geltend gemacht werden kann. Dass dem keineswegs so ist, zeigen empirische Studien zur Zeitverwendung.
Wie gehen Österreicherinnen und Österreicher mit Zeit um - ist es ihre Zeit oder die Zeit anderer? Welche Zeit erleben sie als frei verfügbar, welche als unverrückbar gebunden? Wie lassen sich Zeitarmut und Zeitwohlstand vor einem ökonomischen Hintergrund definieren, der Zeit auch immer in einen möglichen monetären Verwertungszusammenhang stellt? Wer hat zu wenig, wer hat zu viel Zeit? Unterscheidet sich die Zeit der Männer von jener der Frauen? Und lässt sich mit Zeit, die ja die Grundkonstante unseres Lebens ist, überhaupt handeln?
Clara Himmelbauer ist Ökonomin und beschäftigt sich vor allem mit der empirischen Auswertung der Zeitverwendungserhebung, die 2021/22 durchgeführt wurde. Zeitarmut und Zeitwohlstand sind für sie zwei Seiten einer Medaille, deren Definition freilich aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommt. Gilt Zeitarmut seit den 1970er Jahren als zusätzliche Dimension in der Armutsforschung, so ist Zeitwohlstand eher ein Forschungsgegenstand der Nachhaltigkeitswissenschaften: Was ist - jenseits eines ausreichenden Einkommens - für ein gutes und ökologisch verträgliches Leben nötig und wie viel Zeit muss dafür aufgewendet werden?
Welche sozialen, ökonomischen und kulturellen Auswirkungen haben Zeitarmut und Zeitwohlstand in unserer Gesellschaft? Darüber diskutiert Clara Himmelbauer mit Andreas Obrecht und den Hörerinnen und Hörern. Wie immer freut sich die Redaktion über Ihre Teilnahme an dem Gespräch unter 0800 22 69 79 während der Sendung oder unter punkteins(at)orf.at.