Nachruf auf einen Küchen-Professor

Franz Zodl, R. I. P.

So plötzlich kann es kommen. Am vergangenen Wochenende meldeten die heimischen Nachrichten-Websites, dass der prominente österreichische Koch und Küchen-Professor Franz Zodl gestorben ist.

Franz Zodl, bekannt nicht zuletzt durch seine 20-jährige Karriere als TV-Koch im österreichischen Fernsehen, brach während der Ausübung seiner "Nebenberufung" als Theater-Schauspieler auf offener Bühne zusammen.

Man kann glücklicherweise nicht sagen, als Journalist sei man es geradezu gewohnt - es ist aber auch nichts Einzigartiges, wenn ein Gesprächspartner, mit dem man irgendwann einige intensive Interviewstunden verbrachte, überraschend stirbt. Franz Zodl ist für mich nicht der Erste. So rasch geschah es aber noch nie: Vor drei Wochen saß ich mit dem Starkoch noch in seiner Wohnung zusammen, an einem riesigen Esstisch, der das größte Zimmer einnahm, und unterhielt mich mit ihm über das "Kochen mit Schweinefleisch". - Dies für eine "Radiokolleg"-Reihe, betitelt "Das Schwein - Vom wehrhaften Schwarzwild zum industriell produzierten Schnitzel".

Franz Zodl war bester Laune, immer zu einem kleinen Scherz aufgelegt und referierte humorvoll aus seinem Fach. Treffsicher landete er seine kulinarischen Pointen. Der Koch, nach 20 Fernseh-Jahren nicht zuletzt auch ein Medien-Profi, wusste, was der Radioreporter braucht: "Sager", wie wir das nennen, griffige Sätze, die für sich stehen, die Witz haben und im Gedächtnis hängen bleiben. Und die konnte er.

Das bei Ö1 Interviews sonst streng gebotene "Sie" ignorierte er umstandslos. "Schau", meinte er, "schau, Du musst das so verstehen: Die österreichische Küche ist eine Armen-Küche. Daher kommt sie: aus der Armut. Sie ist nicht, wie die französische, eine Luxus-Küche. Die Leute waren arm, und sie hatten schwer zu arbeiten. Alles war darauf ausgerichtet, zu verwerten, was irgendwie zu verwerten war, und aus möglichst wenig möglichst viel zu machen. Und schmecken sollte es halt auch noch. Deshalb mussten die Köche, meist ja Köchinnen, raffiniert sein. Später haben dann Kaiser und Könige das gegessen und die österreichische Küche wurde weltberühmt. Aber eigentlich kommt sie aus der Armut."

Nach dem Gespräch in seiner Wohnung fuhren wir auf den Wiener Naschmarkt, den "Bauch von Wien", wie er oft genannt wird. Franz Zodl war dort so bekannt "wie's falsche Geld" - so meinte er selbst lachend. Seit er als 16-Jähriger im nahen Hotel Sacher als Lehrling mit dem Kochen begonnen hatte, kam er hierher einkaufen. 50 Jahre lang. Für sich privat, für die Luxus-Restaurants, die ihn beschäftigten, und für die Staatsgäste, für die er aufkochte. "Ich kauf' nur hier ein, was Anderes kenn' ich gar nicht", sagt er schmunzelnd. Die Marktstandler, ihre Stärken und Schwächen, kannte er wie die sprichwörtliche Westentasche. Ob der Braten im Rohr halten würde, was der Standler versprach, sah der Profi ohnehin auf den ersten Blick.

Hier konnte man auch zwanglos die schiere Autorität beobachten, die der umgängliche Franz Zodl auch abseits seiner Engagements als erster Kochprofessor an diversen Wiener Gastgewerbe- und Tourismus-Fachschulen und als langjähriger ernährungswissenschaftlicher Lektor an der Universität Wien genoss: Stand er prüfend vor einer der Marktbuden des Naschmarkts, begrüßte ihn sehr bald der nächste Wiener Hobbykoch, die er alle kannte, und hoffte freudig auf einen kleinen Tipp für's Abendmenü.

Meine Wenigkeit, der absolute Küchen-Laie mit dem Mikrofon in der Hand, immer hinterher. "Nun ja, ich kann eine Eierspeise kochen, viel mehr nicht", musste ich dem Meister auf seine Frage hin gestehen. "Oho, Du kannst eine Eierspeis‘ kochen? Kannst das wirklich?", fragte er amüsiert, und lieferte prompt ein paar Ratschläge zur Verfeinerung nach, von denen ich naturgemäß keine Ahnung gehabt hatte.

Zuletzt saßen wir noch bei einem Spritzer in der Sonne. Dann verschwand der dekorierte Koch noch einmal im Gedränge des Naschmarkts, vermutlich für das eine oder andere weitere Pläuschchen. Es war ein höchst amüsanter und auch lehrreicher Nachmittag, den ich vor drei Wochen mit Franz Zodl verbrachte.
Franz Zodl, R. I. P.