Bisher kein Wahlkampfthema

Diskussion zur Wiener Kulturpolitik

Die Wiener wählen bekanntlich am 10. Oktober und im bisherigen Wahlkampf gibt es eine Thematik, die bisher so gut wie inexistent war, nämlich die Kultur. Um das zu ändern, lud am Mittwochabend die IG Kultur in Wien die Kultursprecher aller Parteien und den Kulturstadtrat zu einer Podiumsdiskussion.

Kultur aktuell, 30.09.2010

Ein Pipifax-Ressort?

Hätte die ÖVP-Kandidatin das Kulturressort nicht als Pipifax-Ressort bezeichnet, eine Aussage, die sie dann insofern korrigierte, als sie behauptete, die SPÖ hätte ein solches daraus gemacht, wer weiß, ob das Wort Kultur in diesem Wahlkampf überhaupt erwähnt worden wäre. Und so traten in den Rollen der Herausforderer Franz Ferdinand Wolf von der ÖVP, Marco Schreuder von den Grünen und der freiheitliche Gerald Ebinger gegen den amtierenden Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny von der SPÖ an.

Außerdem saß als Vertreter von IG Kultur, also den Kulturschaffenden, Willi Hejda auf dem Podium. Bei nasskaltem Wetter war der Saal dann locker gefüllt. Und Moderator Hikmet Kayahan wollte zuerst von allen eine Definition von Kunst und Kultur. Jeder gab sein Statement ab. Mailath-Pokorny bemerkte, dass er nicht viel von Definitionen halte, und ging gleich in medias res zum Thema: die Rolle der Politik in der Kultur.

SPÖ sieht Möglichkeiten erweitert

So konnte er feststellen, dass sich in den letzten Jahren die Möglichkeiten für kulturelles und künstlerisches Schaffen erweitert haben: "Das liegt primär an den Menschen, den Künstlerinnen und Künstlern, den Kunstschaffenden, die das tun. Es liegt an einer Szene, die sich in den letzten 10, 15 Jahren ungeheuer erweitert hat, wo aber auch eine Kulturpolitik dahinter gestanden ist, die das ermöglich hat."

Kritik von der Opposition

Naturgemäß gab es da Kritik von der Opposition: "Wird hier nicht sehr viel verwaltet und wenig gestaltet?", fragte Franz-Ferdinand Wolf von der ÖVP. "Und ist nicht die Problematik auch in der Budgetpolitik gegeben, dass ein Großteil der Mittel durch die großen Tanker gebunden ist?"

Mit großen Tankern sind übrigens große Institutionen gemeint, und da wurden immer wieder die hohen Subventionen für die Vereinigten Bühnen Wien angeprangert. Sie würden auf Kosten von kleineren Projekten beziehungsweise freien Gruppen oder Künstlern gehen.

Jammern auf hohem Niveau

Allerdings: Bei aller Kritik stehe Wien gut da, meinte der Grüne Kultursprecher Marco Schreuder: "Ich will gar nicht verhehlen, dass wir auf sehr hohem Niveau jammern. Im internationalen Vergleich hat Wien hohe Subventionen. Nichtsdestotrotz kann man sagen, dass vieles anders gemacht werden kann und ich glaube, die Politik kann auch Schwerpunkte setzen. Die großen Diskussionen in dieser Stadt finden rund um das Thema Integration statt. Und ich finde da muss die Kultur auch dazu eine Antwort finden, damit in diesem Bereich wirklich auch etwas passiert."

Und so gab es auch einen durchaus in geregelten Bahnen verlaufenden Schlagabtausch - wobei die Verteilung der Subventionen dominierte. Immer wieder vorgebrachter Vorwurf: SP-nahe Künstler oder Gruppen würden bevorzugt. Und Mailath-Pokorny schoss immer wieder spitze Pfeile in Richtung des FPÖ-Sprechers Gerald Ebinger der, an die Adresse des Stadtrates meinte: "Der versucht hier ständig ein kleines Duell - also das Häupl-Strache-Duell, das Strache-Häupl-Duell im Kleinen vorzuführen, ich werde darauf nicht eingehen." Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) würde dieses Modell gerade konterkarieren, so Ebinger.

Zustand der Musikschulen kritisiert

Missstände wurden angeprangert - etwa der Zustand der Musikschulen mit extrem selektiven Aufnahmeverfahren bei manchen Instrumenten. Dazwischen gab es auch interessante Vorschläge - etwa die bessere Nutzung leer stehender Räume für Kultur. Es wurde mit Statistiken und Zahlen herumgeworfen, angeklagt, verglichen, dementiert und retourniert - kurz: Politik as usual.

Für die Kulturschaffenden zitierte Willi Hejda von der IG Kultur aus einer Studie zu deren Situation: "Ein niederes subjektives Wohlbefinden weisen 51 Prozent der Künstler/innen auf, im Vergleich zu einer Gesamtbevölkerung, wo 22 Prozent ein niedriges Wohlbefinden aufweisen."

Was die Renumeration - sprich: Bezahlung - betrifft, müsse gesagt werden, dass "die Arbeit, die da gemacht wird, ob sie jetzt entlohnt wird, oder nicht - dass sie oft nicht entlohnt wird, muss auch gesagt werden - wird oft nicht anerkannt."

Resümee des Abends: für Insider kaum Neues - und es waren vor allem Insider da -, aber wenigstens wurde endlich im Wahlkampf auch über Kultur gesprochen.