Nobelpreis für künstliche Befruchtung

Zwischen "Moral" und Fortschritt

Es war höchste Zeit, dass Robert Edwards, der Pionier der künstlichen Befruchtung, den Medizinnobelpreis erhalten hat. Das meinten zumindest zahlreiche Ärzte weltweit nach der Bekanntgabe des Preisträgers am Montag. Doch aus dem Vatikan mischten sich auch kritische Töne in die Würdigungen.

Morgenjournal, 05.10.2010

"Moralische Fragen"

Künstliche Befruchtung werfe schwerwiegende moralische Fragen bezüglich des werdenden Lebens und der Würde der menschlichen Fortpflanzung auf, sagte Bischof Roberto Colombo, Mitglied des päpstlichen Rates für das Leben. Hingegen zeigten sich Ärzte weltweit erfreut, dass Edwards endlich der Nobelpreis zugesprochen wurde. Immerhin ist Edwards bereits 85 Jahre alt und lebt in einem Altersheim in Großbritannien.

Weitreichende Bedeutung

Einer der bekanntesten Reproduktionsmediziner Österreichs, Johannes Huber, Hormonspezialist und Leiter der Abteilung für Reproduktionsmedizin an der Medizinischen Universität Wien, unterstreicht im Morgenjournal-Interview mit Franz Simbürger die weitreichende Bedeutung der Forschungsarbeiten von Nobelpreisträger Robert Edwards.

"Vater" des "Retortenbabys"

Ab den 1950er Jahren hatte Edwards seine Forschungen zur In-vitro-Fertilisation (IVF), also zur künstlichen Befruchtung, vorangetrieben. Er konnte klären, wie das menschliche Ei heranreift, wie Hormone diesen Prozess regulieren und ab wann die Eizelle überhaupt empfänglich für die Befruchtung durch Spermien ist. Aber erst durch die Zusammenarbeit mit dem Gynäkologen Patrick Steptoe konnte tatsächlich die erste künstliche Befruchtung durchgeführt werden. Steptoe war in der Lage, mit Hilfe der damals noch kaum beim Menschen angewandten Laparoskopie Eizellen zu entnehmen und im Reagenzglas befruchtete Eizellen wieder in die Gebärmutter einzusetzen. Am 25. Juli 1978 wurde Louise Brown als erstes sogenanntes Retortenbaby geboren. Patrick Steptoe starb 1988. Aktuelle Interviews mit Robert Edwards gibt es nicht. Vor zwei Jahren berichtete er von der Aufregung seinerzeit nach der Geburt von Louise Brown: "Die Presse jagte sie im ganzen Land, und Patrick Steptoe versteckte die beiden schließlich bei seiner Mutter"

Routine und Förderung

In-vitro-Befruchtung wird mittlerweile weltweit angewandt, in Österreich etwa 2.000 Mal pro Jahr. Unter bestimmten Voraussetzungen übernimmt hier der IVF-Fonds bis zu 70 Prozent der Kosten für höchstens vier Befruchtungsversuche pro Schwangerschaft.

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