Immer mehr "Ein-Personen-Unternehmen"
Gros der Unternehmer startet als Einzelkämpfer
Mittlerweile besteht fast jeder zweite Betrieb der gewerblichen Wirtschaft aus so genannten "Ein-Personen-Unternehmen", kurz EPU genannt. Einer Studie des Gründer-Service der Wirtschaftskammer Wien zufolge, entscheiden sich zunächst mehr als 90 Prozent der angehenden UnternehmerInnen, als Einzelkämpfer zu starten.
8. April 2017, 21:58
13 Monate Forum "EPU"
Atemtechnik, Sprach- und Stimmbildung - auch das gehört zur Vorbereitung für angehende Unternehmer. Gut zehn Frauen und Männer sind in der Früh in die Wiener Operngasse gekommen. Hier hat die Wiener Wirtschaftskammer ihr "Forum EPU" eingerichtet. Das Forum bietet den Interessenten ein ganzes Themenpaket: Marketing ist ebenso dabei, wie Auftragsmanagement oder Stundensatzkalkulation. Das Forum für „Ein Personen Unternehmen“ existiert seit 13 Monaten. Die einzige Stelle dieser Art in Österreich leitet Helmut Mondschein. 14.000 Menschen hat er bisher in der Operngasse durch die Kurse begleitet. Aus seiner Sicht gibt es drei Gruppen von Menschen, die sich in Richtung Selbstständigkeit aufmachen.
"Die einen wollen sich verwirklichen, für die zweite Gruppe ist EBU eine Phase der Unternehmensentwicklung, die haben also eine Wachstumsstrategie und dann gibt es noch eine kleine Gruppe, die in dieser Tätigkeit eine temporäre Arbeitsform sieht."
30.000 wagen jährlich Neustart
Jedes Jahr wagen geschätzte 30.000 Menschen den Sprung in die Selbstständigkeit. Auf Visitenkarten, die im EPU Forum aufgehängt sind, kann man ihre die Berufe nachlesen. Sie sind im Catering tätig, im Tourismus, der Lifestyleberatung, es gibt Restauratoren und EDV Spezialisten. Fast nur sind Jobs zu finden, die viel Know How mitbringen – "wissensbasierte Dienstleister" nennen das die Experten. Die Kurse helfen den Jungunternehmern auf dem Markt zu reüssieren, sagt Forumsleiter Helmut Mondschein, Garantie gibt es freilich keine. Manche scheitern schon nach einem Jahr. Nach dem meist schwierigen dritten Jahr ist sogar für annähernd 20 Prozent der Traum vom eigenen Unternehmertum vorbei.
"Will mein eigener Herr sein"
Einer, der es geschafft hat, ist Dietmar Gombotz. Der 28 Jahre alte Niederösterreicher hat sich auf Software und IT bezogene Beratung spezialisiert. Seit sechs Jahren ist er selbstständig, der HTL-Absolvent mit Auslandserfahrung konzipiert etwa Sicherheitsprogramme für das so genannte E-Government. Er hat aber auch maßgeblich dazu beigetragen, dass eine Kaufhauskette die Software für Wurstwaagen zentral auf den neuesten Stand bringen kann. Den Entschluss, sich selbstständig zu machen beschreibt er so: "Es geht darum, sein eigener Herr zu sein, eigene Entscheidungen treffen zu können, die Flexibilität ist eine Art Lebensgefühl."
Hohes Risiko bei geringem Einkommen
Firmen und Interessensvertreter haben sich auf die steigende Zahl der Selbstständigen Zug um Zug eingestellt. An der am stärksten wachsenden Wirtschaftsgruppe ist kein Vorbeikommen mehr möglich. Volker Plass von der Grünen Wirtschaft wertet die Entwicklung positiv, optimal sei sie aber noch nicht.
Die Koalition lasse sich mit Neuerungen zugunsten der "Ein-Personen-Unternehmer" zu viel Zeit, moniert Plass. Hohes Risiko steht hoher Arbeitsbelastung samt meist geringem Einkommen gegenüber.
Themen wie Absicherung im Krankheitsfall oder die Liberalisierung der Gewerbeordnung, dominieren auch den Jungunternehmertag auf dem Wiener Messegelände. Trotz deutlicher Spuren von Wirtschafts- und Finanzkrise, so die Organisatoren, haben bei den angehenden Jungunternehmern Engagement und Zuversicht nicht nachgelassen.