Fünf Milliarden Rückzahlung
Börsenspekulant Kerviel verurteilt
Der frühere Händler Jerome Kerviel ist am Dienstag wegen seiner Rolle in einem milliardenschweren Spekulationsskandal bei der französischen Großbank Societe Generale zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Zudem ordnete das Gericht an, dass Kerviel seinem früheren Arbeitgeber den entstandenen Handelsverlust in Höhe von 4,9 Mrd Euro erstatten muss.
8. April 2017, 21:58
Dreiwöchiger Prozess
Im Januar 2008, noch vor dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise, hatte der damals 31-jährige französische Börsenhändler, Jerome Kerviel, die Großbank Societe Generale durch mehr als risikoreiche Spekulationen an den Rand des Ruins gebracht - fast 5 Milliarden Euros Verlust standen am Ende zu Buche – der junge Trader erlangte weltweite Berühmtheit. Im drei Wochen dauernden Prozess war Kerviel angeklagt des Vertrauensmissbrauchs, der Fälschung und betrügerischer Eingaben von Daten in das Computersystem.
Mittagsjournal, 05.10.2010
In allen Anklagepunkten schuldig
In allen drei Anklagepunkten hat das Pariser Gericht den inzwischen 33-jährigen Börsenhändler Jerome Kerviel für schuldig erklärt und ihn zu 5 Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung verurteilt. Damit folgte das Gericht weitgehend der Staatsanwaltschaft, welche 5 Jahre Haft und 1 Jahr Bewährung gefordert hatte – wegen Computermissbrauchs, Fälschung und Vertrauensmissbrauchs.
Außerdem ordnete das Gericht an, der ehemalige Trader müsse seinem früheren Arbeitgeber den durch die risikoreichen und gigantischen Spekulationsgeschäfte entstandenen Schaden in Höhe von 4,9 Milliarden Euros ersetzen - eine nicht sehr realistische Strafe. Kerviels Verteidiger, der Staranwalt Olivier Metzner kündigte, vor einem gigantischen Aufgebot nationaler und internationaler Medien umgehend nach der Urteilsverkündung an, sein Klient werde in Berufung gehen und nannte das Urteil "unsinnig und inakzeptabel".
Keine Beweise gegen die Bank
Was den Tatbestand des Vertrauensmissbrauchs angeht, hieß es in der Urteilsbegründung, die Verteidigung Kerviels habe nicht nachweisen können, dass die Großbank Société Générale von dessen betrügerischen Handlungen gewusst habe oder sie hätte ahnen können. Die Tatsache, dass es auf Seiten der Bank Schwachstellen bei der Überwachung und Kontrolle gegeben habe, entlaste den Trader nicht von seiner Schuld.
Kerviel: Chefs wussten davon
Im Grunde war es bei diesem drei Wochen dauernden Prozess um die Frage gegangen, die durch die internationale Finanzkrise weltweites Interesse gewonnen hatte, nämlich: "Kann ein einzelner Börsenhändler wie Jerome Kerviel für seine hochspekulativen Aktien – und Börsengeschäfte wirklich allein verantwortlich sein oder ist nicht vielmehr das gesamte Banken - und Finanzsystem derart extrem auf Profit ausgelegt, dass die Trader zu derart waghalsigen Transaktionen und Spekulationen quasi getrieben werden?
Der heute zu 5 Jahren verurteilte jedenfalls hatte stets beteuert, seine Umgebung habe von seinen Aktivtäten gewusst, bei denen er mit bis zu 50 Milliarden spekuliert hatte, mehr als der Börsenwert der Bank - ja seine Hierarchie habe ihn sogar zu seinen gefährlichen Spekulationen ermutigt, so lange er für die Bank Geld erwirtschaftet habe, hätte dies niemanden gestört.
Gericht: Täter nicht Opfer
Das Gericht hat diese Argumentation mit seinem heutigen Urteil vollständig zurückgewiesen, Kerviel, dessen Zynismus kritisiert wird, habe seine Verantwortung auf die Bank abwälzen wollen, heißt es, er habe bei seiner Verteidigung versucht, die Rollen zu vertauschen, sich als Opfer eines Systems dazustellen und durch ein Medienkampagne die öffentliche Meinung für sich einzunehmen.
Kerviels Verteidiger dagegen betonte, mit Blick auf die Welt der Großbanken, dieses Urteil arrangiere viele, nicht aber Wahrheit und Gerechtigkeit, ein Urteil, welches sage, dass eine Bank für nichts verantwortlich sei, Jerome Kerviel dagegen, allein für alle Exzesse eines Bankensystems.