Konzert im Wiener Gasometer

Nick Cave und Grinderman

Am 10. Oktober ist Nick Cave, einer der prägendsten Rockmusiker der letzten Jahrzehnte und eigentlich bekannt mit seiner Begleitband The Bad Seeds, mit seinem zweiten Bandprojekt Grinderman im Wiener Gasometer zu Gast. Mit "Grinderman Two" ist vor wenigen Wochen das zweite Album dieser Formation erschienen.

Kultur aktuell, 09.10.2010

Bedrohlich schaukelt sich die Musik auf, unheilvoll verkündet die Stimme: "Du denkst, dein toller großer Ehemann wird dich beschützen - du irrst dich!" Willkommen in der Welt von Grinderman, in der Wolfsmenschen, Heiden und Mörder herumirren, in dem Projekt von Nick Cave und Bad-Seeds-Kollegen, das nun in die zweite Runde geht.

"Mit dem ersten Album haben wir unsere Zehen ins Wasser gesteckt, jetzt sind wir untergetaucht", betonte Cave-Mitstreiter Warren Ellis. Ungehobelt und "böse" wie die eingangs geschilderte erste Auskopplung "Heathen Child" gibt sich die komplette Platte.

Abschied von den Bad Seeds

Mit Grinderman wollten Cave, Ellis (Gitarre, Geige, Flöte, Percussion, Mandocaster), Martyn Casey (Bass) und Jim Sclavunos (Drums) etwas Neues schaffen. Doch die Vorgeschichte lastete schwer auf den Musikern, "Die Idee war: Alles in die Luft werfen und neu ordnen", berichtete Ellis im Interview. "Wir wollten einen kreativen Freiraum schaffen. Mit den Bad Seeds sind wir inzwischen ein bisschen in die Ecke gedrängt, weil man bestimmte Erwartungen von der Band hat. Daraus wollten wir mit Grinderman ausbrechen."

Dieses Mal - das wird gleich beim Hören des ersten, sehr harten Songs "Mickey Mouse And The Goodbye Man" klar - wurde das Vorhaben umgesetzt. "Mit dem ersten Album wurde die Saat ausgestreut, jetzt stehen Grinderman in der Blüte. Es war wichtig, dass wir uns nicht wiederholen. Die Platte fühlt sich sehr wild an." Der erwähnte LP-Opener unterstreicht letztere Aussage. "Es war zunächst gar nicht unbedingt ein Muss, das Album mit einem Knall zu beginnen. Aber es macht letztendlich Sinn."

Aus eingefahrenen Strukturen ausgebrochen

Der Vorgänger sei noch von der Suche nach einem Sound geprägt gewesen. "Die anschließenden Konzerte haben uns dann die Selbstsicherheit gegeben, noch weiter aus den bisherigen Strukturen auszubrechen", so Ellis. "Eine Band ist wie ein Lebenskreislauf, eine ständige Herausforderung."

Als Erstes fliegen dem "Grinderman 2"-Hörer die Gitarren um die Ohren. "Sie klingen anders, aber ich würde nicht heavy sagen. Der harte Sound wird von anderen Instrumenten erzeugt." Aber auch die Texte, wenn auch typisch Cave, stoßen in neue Dimensionen vor: "Nick hat hart daran gearbeitet und sich sehr viele Gedanken gemacht."

Im Studio so live wie möglich

Im Studio wurde dagegen schnell vorgegangen. "Vieles wurde gleich von den Demos übernommen", erläuterte Ellis. "Inklusive Demoproduktion waren wir zehn bis zwölf Tage im Studio. Wir arbeiten immer so schnell. Wir nehmen auch alle zusammen auf, so live wie möglich. Ich habe noch nie track by track gearbeitet. Ich halte nichts davon, dass jedes Bandmitglied seinen Part einzeln einspielt. Es gibt auch kaum Outtakes von Grinderman oder den Bad Seeds. Es wäre falsch, ein Lied so lange zu wiederholen, bis man glaubt, Perfektion gefunden zu haben. Musik lebt doch von Überraschungen und Unfällen."

"Grinderman 2" ist laut Ellis "großräumig" geworden, was die Stimmung und Art der einzelnen Songs betrifft. Die Länge ufert dagegen nicht aus. "Wir wollten eine Platte im klassischen Sinn aufnehmen, also die auf Vinyl passt. Seit es die CD gibt, sind viele Künstler verleitet, die gesamte Spielzeit auszunützen - und darum geht die Qualität der Songs oft verloren. Uns sind sogar drei weitere Songs übriggeblieben, die das Album zu sehr zerfranst hätten. Ich ziehe prinzipiell weniger Musik vor, weil man der Platte dann mehr Aufmerksamkeit schenkt und die Konzentration nicht nachlässt. Short, sharp and to the point."

Und wenn man schon bei einer Grundsatzdiskussion über Tonträger-Formate gelandet ist, dann will man auch Ellis' Meinung zur CD hören. Die Antwort: "Sie ist doch nur mehr ein Medium, um Musik in den Computer zu laden. Danach steht die CD, ein hässliches Objekt, nur herum. Jeder weiß, dass die CD ihrem Untergang entgegen geht. Niemand wird sie vermissen."