Parlamentsparteien weitgehend einig

Reform der Abgeordnetenimmunität kommt

Die Reform der parlamentarischen Immunität für Abgeordnete wird konkreter. Alle fünf Parlamentsparteien sind für die Abschaffung der "außerparlamentarischen Immunität", also in Fällen, die nichts mit der Politik zu tun haben. Dafür soll die Immunität für politische Äußerungen und Handlungen verstärkt werden. Im November könnte ein Gesetzesvorschlag präsentiert werden.

Morgenjournal, 09.10.2010

Prammer sieht Durchbruch

Dass sich alle fünf Parlamentsparteien in den wesentlichen Punkten einer Reform einig sind, ist selten - bei der anstehenden Neuregelung der Immunität dürfte das aber der Fall sein. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) spricht nach den Parteiengesprächen dieser Woche zur Immunitätsreform von einem Durchbruch: "Wir konnten Einigung erzielen, dass wir die berufliche Immunität unverändert lassen, für alles was im Parlament stattfindet, und dass wir die außerberufliche Immunität zur Gänze abschaffen und Verfeinerungen vornehmen bei der sachlichen Immunität."

Kein Schutz vor Verkehrsstrafen

Die Immunität soll Abgeordnete vor politischer Verfolgung schützen. Denn damit ein Parlamentarier rechtlich belangt werden kann, muss der Nationalrat seiner Auslieferung zustimmen. Früher wurde das nicht einmal bei Verkehrsdelikten so gemacht, diese sogenannte außerberufliche Immunität soll nun fallen.

Erweiterung der sachlichen Immunität

Der zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (ÖVP) von der Volkspartei bestätigt die Aussagen Prammers und ergänzt: "Die sachliche Immunität wird insofern erweitert, als die wahrheitsgemäße Berichterstattung über Verhandlungen des Nationalrates oder andere Verhandlungsgegenstände von jeder Verantwortung frei bleiben." Das war bisher unklar geregelt, wie ein Streitfall im letzten Untersuchungsausschuss deutlich gemacht hat.

Neuer "Informantenschutz"

Der dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) sagt, man habe in wesentlichen Eckpunkten, die bisher strittig waren, Einigung erzielt. Das betreffe die Abschaffung der außerberuflichen Immunität und die Einführung eines "Informantenschutzes" und die "Präzisierung der sachlichen Immunität eines Abgeordneten auch im Hinblick auf die modernen Kommunikationsmittel" - etwa das Verbreiten politischer Aussagen im Internet.

Mehr Schutz für Kontrolle

Dieter Brosz (Grüne) spricht von einem Konsens, "dass es keine ungerechtfertigten Privilegien für Abgeordnete geben soll, andererseits, dass die Tätigkeit der Abgeordneten im Kern, auch wo es um Aufklärung und Kontrolle geht, besser geschützt wird."

Details noch strittig

Herbert Scheibner vom BZÖ spricht von Fortschritt, hält aber die geplante Ausweitung der Immunität für zu weit gehend: Denn nach Vorschlag der Regierungsparteien solle sie auch gelten, wenn der Abgeordnete seine Reden in der Öffentlichkeit außerhalb des Parlaments zitiert. Das könnte zu einer Ausweitung der bisherigen Regelung führen, und das lehnen wir ab."

Bis zum November soll ein konkreter Gesetzestext zur Immunitätsreform vorliegen, so die Parteien. Ein Beschluss noch heuer sei möglich.