Filmemacher Bruce Conner in der Kunsthalle Wien

Gegen die Regeln der Kunst

Die Kunsthalle Wien widmet dem 2008 verstorbenen Avantgarde-Filmemacher Bruce Conner zurzeit eine Schau. Sein Film "A Movie" aus dem Jahr 1957 gilt als Markstein der Filmgeschichte und zählt zu den Vorläufern der Musikvideos.

Das Verfahren, aus gefundenem Material, also "found foot-age", B-Movies und Heimvideos, neue Filme zu schneiden, war nicht nur kostensparend, sondern auch zukunftsweisend. Für viele Musiker, darunter David Byrne und Brian Eno, sollte Bruce Conner noch etliche Videos anfertigen.

Kader für Kader

Zur Eröffnung der Ausstellung in der Kunsthalle ist auch seine Witwe Jean Conner angereist. Sie erinnert sich noch gut an die Anfänge seiner Videokunst: "Bruce hat sich immer schon für Filme interessiert. Er wollte einen Film drehen, den er selbst noch nie gesehen hatte. Niemand hatte so einen Film, wie er ihn sich vorstellte, je gemacht. Also musste er ihn einfach selbst machen."

"A Movie" lautete dann der schlichte Titel des Films, in dem in schnellen Schnittfolgen Indianer, Motorräder und Atompilze aufeinander treffen. Bruce Conners' Cutterin Michelle Silva hat beim Clip "Three Screen Ray" (2006) mitgearbeitet und erzählt von dem auch heute noch aufwändigen Verfahren: "An dem fünfminütigen Film haben wir fast ein Jahr gearbeitet. In den einzelnen Sessions haben wir uns dabei nie auf mehr als zehn Sekunden konzentriert, Kader für Kader."

Weniger bekannt ist der Maler Bruce Conner – und dass dieser seine Werke, aus ästhetischen Gründen, nicht signierte. Er wollte sich damit die Komposition des Bildes nicht ruinieren. "Die Leute sollten seine Zeichnungen nicht seinetwegen, sondern der Kunst wegen kaufen", erzählt Jean Conner. Sein Galerist freilich war davon nicht begeistert, da er die Werke so nicht verkaufen konnte. Schließlich unterschrieb Conner, so klein wie möglich, und fertigte eine Anleitung, wo denn die Unterschrift auf dem Bild zu finden sei.

Spiel mit der Identität

Immer wieder stellte Bruce Conner in seinen Aktionen die Rolle des Künstlers und auch des Kunstsystem als solches in Frage. Auf seinen Vernissagen trug er Buttons mit der Aufschrift "Ich bin nicht Bruce Conner" - eine Art Referenz an Marcel Duchamp, den er auch persönlich kannte. Ein anderes Mal ließ er sich im "Who is Who in America" für tot erklären. "Die haben ihm immer Briefe geschickt, das hat ihn genervt. Dann hat er sie wieder zurückgeschickt, mit dem Vermerk 'verstorben'. In der nächsten Ausgabe war er dann schon im 'Who was Who' vertreten", erzählt Jean Conner.

"Wer ist Bruce Conner?" fragte er sich wohl auch, als er im Telefonbuch sämtliche Bruce Conners der USA ausfindig machte und zu einer "Bruce Conner Convention" einlud. Als "Super-Conner" inszenierte er einen politischen Wahlkampf und persiflierte dabei das politische Süßholzraspeln, indem er einfach verschiedene Desserts aufzählte.

Ein Geheimtipp geblieben

Trotz seiner Pionierleistungen auf vielen Gebieten ist Conner ein Geheimtipp geblieben. Vielleicht auch deshalb, weil er sich für vermeintlichen Erfolg nie verbiegen wollte, vermutet Michelle Silva: "Für mich war er ein Visionär und als solcher ist er für nichts und niemanden Kompromisse eingegangen."

Die Ausstellung in der Kunsthalle zeigt den multimedialen Avantgardisten, der sich zeitlebens künstlerischen, persönlichen und markttauglichen Kategorisierungen entzog, und legt dabei den Schwerpunkt auf die 1970er Jahre. Das Filmmuseum zeigt sämtliche Filme in einer Retrospektive.

Service

Ausstellung "Bruce Conner. Die 70er Jahre", bis 30. Jänner 2011, Kunsthalle Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

"Bruce Conner. Sämtliche Filme", 14. bis 20. Oktober 2010, Filmmuseum Wien

Kunsthalle Wien - Bruce Conner
Filmmuseum - Bruce Conner