Nicht "schön", aber "zeitgenössisch"

Ausstellung "Vienna" in Rom

Schönheit, Stil und Anmut sind Attribute der italienischen Kunst. Kein Wunder, dass man sich bei diesen Vorstellungen über Kunst und Kultur schwer tut, Zeitgenössisches zu akzeptieren. Trotzdem - oder gerade deshalb - hat sich Kurator Peter Weiermair mit einer Ausstellung über zeitgenössische österreichische Kunst nach Rom gewagt.

Mit im Gepäck: Arbeiten von Günter Brus, Maria Bussmann, Bruno Gironcoli, Franz Graf, Arnulf Rainer, Werner Reiterer, Erwin Wurm und Michael Ziegler. Einen Querschnitt an Künstlern und Techniken wollte er damit nach Italien bringen, um Kunst aus Österreich auch hier bekannt zu machen.

Kulturjournal, 12.10.2010

Sowas wie Pionierarbeit

Rom ist kein leichtes Pflaster für Kunst aus dem Ausland - vor allem für zeitgenössische. Allerdings, das Interesse ist da: Das zeigt die gut gefüllte Galerie am Eröffnungstag. Unter dem schlichten Titel "Vienna" hat Kurator Peter Weiermaier versucht, einen kleinen Überblick über die zeitgenössische österreichische Kunst nach Rom zu bringen. Zeichnungen, Bilder, Skulpturen und Installationen gibt es hier zu sehen.

Hier wird eigentlich Piomierarbeit geleistet, meint Weiermaier, die kleine Ausstellung sei eine Aufforderung an die Italiener, sich mit dieser Kunst auseinanderzusetzen: "Für uns ist die italienische Kunst oft zu kunstgewerblich, zu schön, zu oberflächlich, zu dekorativ."

Eine Stadt wie ein Museum

Acht Künstler sind vertreten: vom 81-jährigen Arnulf Rainer bis zur 40-jährigen Maria Bussmann - Generationen-übergreifend sozusagen. Nur die ganz junge Kunst aus Österreich hat man ausgelassen. Es sei jene Kunst vertreten, die nach der Körperkunst der 60er und 70er Jahre entstanden ist, sagt Weiermaier.

Franz Graf hat manche seiner Werke, die er hier ausstellt, auch ganz bewusst für diese Stadt ausgewählt: "Es gibt sicher eine mentale Berührung - an jeder Ecke schaut einen irgendeine Figur an."

Was passt hier überhaupt? Ist die Stadt nicht schon zu voll mit Kultur? Eine Frage, mit der sich Werner Reiterer schon vor der Ausstellung beschäftigt hat. Beeindruckend sei, dass die ganze Stadt ein riesiges Museum sei, "man wird ja förmlich erschlagen von Kunsthistorie und antiker Geschichte." Man habe fast das Gefühl, dass Gegenwartskunst hier keinen Platz habe.

Für Michael Ziegler bildet diese Fülle der Stadt, in der im wahrsten Sinne des Wortes die Kultur übereinandergestapelt ist, den richtigen Kontext zu seiner Kunst. Es ist schon seine vierte Ausstellungsbeteiligung in Rom. "Irgendwie passt Rom zu meiner Arbeit ganz gut", findet Ziegler, "weil meine Arbeit auch so archäologisch aufgebaut ist."

Schwer zu findender Zugang

Das Publikum ist nicht einfach, denn der Zugang zur zeitgenössischen Kunst lässt sich für viele Italiener nur schwer finden. Zu sehr wiegt die klassische Vorstellung des Schönen, sagt Kurator Peter Weiermaier, und mit dieser Ausstellung soll auch seine These "Jede Kunst hat mit der jeweiligen Kultur einen direkten Zusammenhang" unterstrichen werden.

So sieht das auch ein Ausstellungsbesucher: "Vielleicht merkt man an diesen Künstlern die Vergangenheit Österreichs, die Geschichte - der Psychoanalyse zum Beispiel. Das ist ganz anders als in Italien mit seiner Kunst der Schönheit." Und es gefällt, was hier zu sehen ist, so der erste Eindruck. Schön sei es, meint eine Besucherin, aber auch herausfordernd.

Was den Bekanntheitsgrad österreichischer Künstler der Gegenwart angeht, besteht durchaus noch Aufholbedarf. Denn konkret darauf angesprochen, wen man denn so kenne, zeigt sich auch das interessierte Publikum ein wenig ratlos.

Textfassung: Ruth Halle

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Galleria Marie-Laure Fleisch - Vienna