Die Wiedererweckung des Sparefroh
Sparen statt Schulden
In der Gesellschaft der 1950er und 1960er Jahre war Sparsamkeit eine Tugend. Sparen war aber auch eine vom Staat propagierte Bürgerpflicht. Nichts symbolisiert das besser als der Weltspartag, dessen Höhepunkt alljährlich die Bekanntgabe der eingelegten Sparsumme bildete. Bis Ende der 1970er Jahre fiel sie jeden 31. Oktober höher aus als im Jahr davor.
8. April 2017, 21:58
Der Weltspartag
Um Wirtschaftsaufschwung und Wohlstandssteigerung zu dienen, durfte nicht im sprichwörtlichen Strumpf gespart werden. Das Vertrauen in Banken und Sparkassen war nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings nicht sehr ausgeprägt. Denn Wirtschaftskrisen und Währungsreformen hatten in den vorangegangenen Jahrzehnten mehrmals die Ersparnisse weiter Bevölkerungsteile vernichtet.
Die Wiedereinführung des Weltspartags - er war ursprünglich schon seit 1925 begangen worden - sollte die Menschen wieder in die Geldinstitute bringen. Es funktionierte auch. Angelockt von den Weltspartagsgeschenken strömten vor allem ab dem Staatsvertragsjahr 1955 jedes Jahr mehr Menschen in die Sparkassen. Der Weltspartagsrummel war aber auch Ausdruck des Optimismus, der in der Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders und der wiedererlangten staatlichen Unabhängigkeit in Österreich herrschte. "Spare in der Zeit, so hast du in der Not." Diese Formel galt nun nicht mehr, erklärt Alfred Paleczny, Kommunikationsexperte des österreichischen Sparkassenverbands.
In der Schule Sparen lernen
Ab 1956 war der Sparefroh Werbefigur der österreichischen Sparkassen. Erfunden wurde er in Deutschland, aber erst in Österreich erhielt er sein charakteristisches Erscheinungsbild mit Schilling-Bauch und rotem Dreieckshut. Der Sparefroh wurde rasch zum Symbol des neuen Spargedankens.
Als solches kam er auch bei der Sparerziehung der Kinder zum Einsatz, erzählt Matthias Beitl, stellvertretender Direktor des Volkskundemuseums in Wien. Er hat sich für die Ausstellung "Spar dir was!", die 2005 im Volkskundemuseum lief, mit der Geschichte der Sparerziehung auseinandergesetzt. Da das Sparen für die gesamte Wirtschaft wichtig war, wollte auch der Staat, dass Kinder sparen lernten. Die Aufgaben der schulischen Sparerziehung übertrug der Staat den Sparkassen, Sie veranstalteten das Schulsparen und entwickelten Lehrmittel zu wirtschaftlichen Themen.
Erhobener Zeigefinger
Neben Sparefroh-Filmen war es vor allem die gleichnamige Zeitschrift, die der Sparerziehung diente und den Sparefroh weithin bekannt machte. Sie war - und ist immer noch - ebenfalls als Lehrbehelf vom Unterrichtsministerium anerkannt. Heute werden in der Zeitschrift Informationen zu Geld, aber auch Energiesparen und Ähnlichem sachlich aufbereitet. Früher wurde mit erhobenem Zeigfinger das frohe Sparen eingemahnt. Die Sparefroh-Zeitschrift 1962:
Gibt es etwas Schöneres, als denen, die ihr lieb habt, mit kleinen Geschenken Freude zu machen? Das Freudemachen müsst ihr aber vorbereiten und einen Teil eures Taschengeldes sparen, wenn es auch manchmal Überwindung kostet. Dafür gibt es dann viel bessere Freuden. Vielleicht habt ihr in diesem Jahr einen schönen Schulausflug vor. Ihr habt doch schon alle ein Sparkassenbuch?
Für Ausflüge wurde meist beim Schulsparen gespart, einer weiteren Säule der Sparerziehung. Das Geld der Schüler wurde in einer Klassensparbüchse gesammelt und der Lehrer legte es auf ein gemeinsames Sparbuch bei einer lokalen Sparkasse.
Frühe Kundenbindung
Die Sparkassen, im 19. Jahrhundert als gemeinnützige Organisationen gegründet, hielten die Verbreitung des Spargedankens bei der Jugend für eine moralische Pflicht. Neben dem Vorteil von Steuerbegünstigungen, die sie für ihr Engagement erhielten, stellte die Sparerziehung aber auch ein perfektes Kundenbindungsprogramm dar.
Vermittelt durch Sparefroh und Schulsparen wurden schon die Kinder zu Kunden der Geldinstitute. Die Präsenz der Sparkassen in den Schulen wurde ab den 1970er Jahren immer häufiger kritisiert. Auch der moralisierend-autoritäre Ton der Sparerziehung störte die jüngere Lehrer- und Eltern-Generation zunehmend.
Sparbuch statt Aktien
Der Weltspartag erfuhr Ende der 1970er Jahre ebenfalls einen Bedeutungsverlust. Die Mahnung, zu sparen, erschien angesichts immer günstiger werdender Konsumgüter und neuer Geldanlageformen nicht mehr zeitgemäß. "Manchmal wäre es geradezu unvernünftig, keinen Kredit zu nehmen", heißt es auf einem Werbeplakat der Creditanstalt von 1976.
Das Wirtschaftssystem auf Basis des Sparens wich zunehmend einem Schulden-basierten. Der vorsichtige, "kleine Sparer" war für die Geldinstitute in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr attraktiv. Er sollte sich in einen Kreditnehmer verwandeln und statt Sparbüchern Aktien zeichnen. Die Jugendlichen werden heute nicht mehr zum Sparen erzogen, sondern durch Event-Sponsoring und Jugendkonten mit klingenden Namen wie "Spark 7" oder "Mega Card" umworben. Dass Sparen aber wieder ein Thema ist, zeigt der Relaunch des Sparefroh. Seit 2006 verwendet ihn die nunmehrige Erste Bank wieder als Werbeträger. Und die Bank Austria Creditanstalt wirbt in der Krisenzeit mit dem Slogan: "Konservativ liegt voll im Trend."