Gert Voss und Harald Schmidt in Gesprächsfilm

Scheitern, scheitern, besser scheitern!

"Vor drei bis vier Wochen hat mir Andre Heller eine DVD zugesteckt - viel zu spät fürs Programm. Aber mir hat sie so gut gefallen, dass wir diese Zusatzvorstellung angesetzt haben." So leitete Viennale-Direktor Hans Hurch eine kurzfristig angesetzte Matinee im Wiener Gartenbaukino ein, die im voll besetzten Kinosaal mit viel Gelächter begleitet und langem Applaus akklamiert wurde.

Kulturjournal, 02.11.2010

Gert Voss und André Heller im Gespräch mit

"Scheitern, scheitern, besser scheitern!" heißt nach einem berühmten Beckett-Zitat der Film von Andre Heller und Lukas Sturm, der im August dieses Jahres auf Einladung Hellers ein in seiner Villa in Gardone stattgefundenes Gespräch zwischen Schauspieler Gert Voss und Entertainer Harald Schmidt dokumentiert. "Meine Lieblingsformulierung lautet ohnehin 'Nach einer Idee von Andre Heller'", bekannte Hurch.

Harald Schmidt als Zuhörer

79 Minuten lang sitzen die beiden Männer an einem einfachen Holztisch, vor sich einen Wasserkrug und zwei Trinkgläser. Zwei Kameras beobachten die Zwei beim Erzählen. "Er war sehr billig, der Film", sagt Heller. Die gestalterischen Eingriffe beschränken sich auf Schnitte, die durch kurze Inserts mit biografischen Informationen oder Zitaten kaschiert werden, und die Auswahl des reichen Materials.

Man habe noch viele Stunden Material, erzählte Heller beim anschließenden Podiumsgespräch, bei dem nur Schmidt fehlte ("Der Termin hat mich so überraschend ereilt wie sonst nur der Tod", entschuldigte er sich brieflich): "Wir könnten noch einen Film machen: 'Voss fratschelt Schmidt aus'". Denn diesmal ist eindeutig Harald Schmidt der Zuhörer (Heller: "Der Mann verehrt ja Voss wie eine Marienerscheinung."), und die Namen Peymann, Zadek, Stein, Bondy, Tabori aber auch Hartmann bilden die Wegmarken dieses mit Anekdoten gespickten Erinnerns.

Die liebsten Intrigen

Natürlich hat das Arrangement an Hellers Küchentisch etwas vom klassischsten aller Theater-Settings: dem Kollegen-Ausrichten in der Kantine. "Ich war ein großer Kantinendarsteller", bekennt Harald Schmidt denn auch und erzählt von erfolglosen Intrigenversuchen, die er nach Absolvierung der Schauspielschule als rasch in der Karriere stecken gebliebener Kleindarsteller gestartet habe.

Voss dagegen plaudert von kleinen Erlebnissen mit den Großen der Theaterregie und überrascht mit einer stupenden Fähigkeit, nicht nur diese nachzumachen, sondern schlägt auch derart treffsicher Hunde- oder Papageientöne an, dass den Zuschauern immer wieder die Lachtränen in die Augen steigen.

Am 29. November in ORF 2

Es sind Anekdoten mit Tiefgang, und in der lockeren Plauderei offenbaren sich immer wieder ganz beiläufig tiefe Geheimnisse von Regie- und Schauspielarbeit. Und im Vorübergehen wird auch ordentlich ausgeteilt. Was Harald Schmidt etwa über die Zielstrebigkeit von Matthias Hartmann erzählen kann, mit der dieser sein Ziel, Burgtheater-Direktor zu werden, verfolgt hatte, ist eine von vielen wunderbaren Geschichten, die durchaus auch wehtun können.

Erstaunlicherweise bekennen beide, ihre "Todeslisten" zu haben, die sie abarbeiten, um erlittene Kränkungen heimzuzahlen. Wenn's dann soweit ist und der Tod leibhaftig vorbeischaut, dann kann man nur auf die höchste aller heimischen Ehrungen hoffen, wie sie Schmidt über den toten Falco enthüllt (und diese Geschichte von Hans Mahr - "für mich überhaupt Franz Joseph III." - haben will): "Der Niki hat ihn g'holt!"

Am Montag, dem 29. November, ist die im Auftrag des ORF entstandene Produktion der neulandfilm um 23.30 Uhr in ORF 2 zu sehen. Hans Hurch: "Das ist nicht einmal so spät, wie der ORF normalerweise schöne, interessante Filme zeigt. Aber diesmal muss man wirklich sagen: Ohne den ORF hätte es diesen Film gar nicht gegeben."

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