Debüt als Regisseur

Lou Reed bei der Viennale

Stargast der heurigen Viennale ist Rock-Ikone Lou Reed. Das Gründungsmitglied der Rockformation "The Velvet Underground" hat 68-jährig sein Regiedebüt abgeliefert. Am Dienstag, 2. November 2010 zeigt er im Gartenbaukino seine Kurzdokumentation "Red Shirley", ein Porträt seiner heute hundertjährigen Cousine und ihres äußerst wechselvollen Lebens.

Mittagsjournal, 02.11.2010

Die Geschichte ihres Lebens ist auch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. 1909 in einem kleinen polnischen Dorf auf die Welt gekommen, erlebt Shirley Novick noch die Katastrophe des Ersten Weltkriegs am eigenen Leib, bevor sie ausgerechnet 1929, im Jahr der Weltwirtschaftskrise, in die USA auswandert. Lou Reed ging es aber nicht um eine umfassende Darstellung der Epoche, sondern um eine Privatgeschichte. Er wollte, wie er sagt, Herz, Geist und Denken seiner Cousine erlebbar machen.

In intimer Gesprächssituation sitzen Lou Reed und seine Cousine nebeneinander, sie blättern durch Fotoalben und sie stellt sich Reeds oft ungläubigen Fragen. Mit Galgenhumor erzählt sie da etwa, wie ihre jüdische Familie, die in Polen geblieben war, die Nazizeit nicht überlebt hat.

In der Arbeiterbewegung aktiv

Sie ist zwar von einem Schlaganfall gezeichnet, noch immer ist aber ihr Kampfgeist spürbar, mit dem sie sich als Immigrantin in New York behauptet hat. Weil die Gewerkschaften damals korrupt waren, organisierten sich die Arbeiter selbst und wurden daraufhin ausgegrenzt und beschimpft. Sie, die damals als Näherin arbeitete, schwang sich zum Sprachrohr der Bewegung auf und bekam daraufhin von der Presse den Spitznamen die "Rote Shirley" verpasst.

Es wäre nicht Lou Reed, würde in seinem Regiedebüt nicht auch die Musik eine gewichtige Rolle spielen. Sie stammt von seiner erst letztes Jahr gegründeten Band Metal Machine Trio. Lou-Reed-Kennern kommt der Name bekannt vor, veröffentlichte der Musiker doch 1975 das Doppelalbum "Metal Machine Music", ein mehr als gewagtes Konzeptalbum, das nur aus Gitarrenrückkopplungen bestand und damals heftige Reaktionen auslöste.

Elektronisch, keine Songs

"Jetzt gibt es diese Musik überall, was seltsam ist, denn ich wurde 1975 noch beinahe gelyncht, als ich dieses Album herausbrachte", so Reed. "Mein Fehler damals war, dass die Platte aussah wie ein Rockalbum. Es hätte draufstehen müssen: elektronisch, keine Songs. So wurde es wahrscheinlich das Album in der Musikgeschichte, das am häufigsten zurückgegeben wurde."

Nur 28 Minuten dauert Lou Reeds Filmdebüt. Man darf also gespannt sein, was sich der Musiker für den Rest des heutigen Abends hat einfallen lassen. Beginn der Veranstaltung im Gartenbaukino ist jedenfalls 20:30 Uhr.

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