Premiere in der Wiener Staatsoper

Umjubelte "Alcina"

Großen Jubel gab es für alle Beteiligten nach der vierstündigen Premiere von Georg Friedrich Händels Oper "Alcina". Es war eine in vieler Hinsicht bemerkenswerte Premiere. Das Klatschen des Staatsopern-Balletts zu den Schlusstakten ging übergangslos in den frenetischen Beifall des Premierenpublikums der Wiener Staatsoper über.

Kultur aktuell, 15.11.2010

Es war dies zweifelsohne die erste Premiere, die ganz vom neuen Staatsoperndirektors Dominique Meyer stammt. Denn bei Hindemiths "Cardillac" stand Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst am Pult des Staatsopernorchesters und im Vordergrund. Da die Wiener Philharmoniker mit dem Dirigenten gerade auf Japan-Tournee sind, hatte es Meyer gewagt, eines der wohl bedeutendsten Originalklangensembles, die Musiciens du Louvre, mit seinem Leiter, dem Barockspezialisten Mark Minkowski, in den Graben der Staatsoper einzuladen. Die Musiker spielten übrigens auch immer wieder auf der Bühne, wenn Instrumentalsolisten die Gesangssolisten begleiten. Dominique Meyer hatte gewagt und er hat gewonnen, denn auch der Jubel für das Orchester wollte kein Ende nehmen.

Dominique Meyer hat zudem zum ersten Mal nach rund einem halben Jahrhundert wieder eine Barockoper ins Repertoire der Staatsoper gebracht - eine Tat, die wohl längst überfällig war, wenn man den Siegeszug der Alten Musik in den letzten zwei Jahrzehnten bedenkt.

Inszenierung historisch gehalten

Meyer hat den langjährigen Leiter der Royal Shakespeare Company, Adrian Noble, mit der Inszenierung betraut und diese fällt auch überaus nobel aus - mit feiner englischer Ironie und Doppelbödigkeit sowie historischen Kostümen. Auch das Staatsopernballett hat in diesem halbovalen Salon, der den Blick auf eine unwirklich leuchtende grüne Wiese freigibt, viel zu tun.

Noble zeigt "Alcina" als Aufführung eines Adelskreises um eine Herzogin, die selbst die Rolle der Alcina übernimmt. Vom Publikum gestern dafür gefeiert: die elegant-grazile und bewegende deutsche Sängerin Anja Harteros. Ihr zur Seite und ebenso bejubelt Vesselina Kasarova, die ihre Stimme bravourös und virtuos einsetzt und den Gegensatz zwischen Manierismus und Natürlichkeit fühlbar macht, wie er in der Barockoper beheimatet ist.

Anhaltender Beifall für das Ensemble

Überhaupt: Die Stimmen und die Leidenschaften, die machen Händels Musik so modern und zeitlos. Das Hin und Her zwischen Hoffnung und Furcht, Liebe und Liebesverrat.

Veronica Cangemi, Kristina Hammerström, der Wiener Sängerknabe Shintaro Nakajima, der die sonst meist mit einer Frau besetzte Rolle des Oberto mitreißend sang, Orchester, Produktionsteam, kurz niemanden wollte das begeisterungsfähige Wiener Publikum so schnell aus dem noch lange anhaltenden Beifall entlassen.

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Wiener Staatsoper - Alcina