Nachkommen vertrieben oder ermordet

Instandsetzung jüdischer Friedhöfe beschlossen

Der Nationalrat hat in dieser Woche die Instandsetzung und den Erhalt der jüdischen Friedhöfe in Österreich beschlossen. Der Staat und die Kultusgemeinde teilen sich die Kosten. Schließlich gibt es bei den meisten dieser Gräber keine Nachkommen, die für die Pflege aufkommen können. Sie wurden von den Nationalsozialisten ermordet oder vertrieben.

Mittagsjournal, 20.11.2010

Kosten werden geteilt

Eine Million Euro plus Inflationsausgleich, soviel wird Österreich in den nächsten zwanzig Jahren jeweils besteuern zu einem Sanierungsfonds für die jüdischen Friedhöfe. Eine zweite Million jedes Jahr soll die Israelitische Kultusgemeinde auftreiben, zum Beispiel von privaten Spendern, erklärt Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Mit diesem Geld sollen die Friedhöfe Instand gesetzt werden.
Für die laufende Pflege sind dann die jeweiligen Gemeinden zuständig.

Währinger Friedhof von Nazis zerstört

Besonders bekannt ist der stark beschädigte Währinger Jüdische Friedhof in Wien: "Der ist von den Nazis vanadalisiert worden. Der muss komplett instand gesetzt werden. Alles muss dort erneuert werden. Die Grabsteine sind umgestürzt. Dann müssen die Bäume und Wege in Ordnung gebracht werden."

Friedhöfe kulturhistorisch wertvoll

Österreich erfülle mit dem Beschluss die Verpflichtungen des Washingtoner Abkommens zur Sanierung und zum Erhalt der jüdischen Friedhöfe. Die sind zum Teil mehrere hundert Jahre alt und kulturhistorisch wertvoll.

350.000 Gräber in Österreich

Muzicant: "Im Westen gibt es wenige Friedhöfe, die in der Regel gut erhalten sind. Im Osten gibt es viele Friedhöfe, davon ist ein bestimmter Teil in einem sehr schlechten Zustand. Die Kultusgemeinde ist in der Regel Grundstückeigentümerin und kümmert sich mehr schlecht als recht um die Gräber, weil 7.000 Leute nicht mehr 350.000 Gräber instand halten können. Früher waren 200.000 Juden in Österreich. Es fehlen also die Menschen, die sich um die Gräber ihrer Vorfahren kümmern können. Sie wurden verfolgt und umgebracht."

Muzicant sehr glücklich

Insgesamt zeigt sich der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde zufrieden mit dem Beschluss des Nationalrats, auch wenn die Mittel auf zwanzig Jahre beschränkt sind. Muzicant: "Sagen wir es einmal so: Ich habe 20 Jahre für diesen Beschluss gekämpft und ich habe jetzt einmal ein Glücksgefühl, dass ich kaum beschreiben kann! Ich denke, dass das werden die nächsten Generationen entschieden. Aber wir werden sanierte und gepflegte Friedhöfe haben."

Pflege durch Gemeinden

Ausständig sind jetzt noch die Zusagen aller betroffenen Gemeinden, nach der Instandsetzung für die weitere Pflege der Friedhöfe aufzukommen. Für Wien, hier sind die meisten Gräber, liege allerdings bereits eine fixe Zusage des Bürgermeisters vor, sagt Ariel Muzicant.