Unterausschuss eingeschaltet

Parlament befasst sich mit Fall Kampusch

Alle fünf Parlamentsfraktionen befassen sich nun mit offenen Fragen im Fall Kampusch. Ein Unterausschuss wird in den nächsten Monaten untersuchen, ob sich die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft in diesem Fall richtig verhalten haben.

Morgenjournal, 4.12.2010

Tiroler Staatsanwaltschaft prüft Wiener Kollegen

Alle fünf Parlamentsfraktionen beschäftigen sich nun mit dem Fall Kampusch. Gibt es mehr als einen Täter? Hätte man Frau Kampusch früher befreien können? Wollte jemand Ermittlungsfehler vertuschen? Hat der ehemalige polizeiliche Kommissionsleiter wirklich Selbstmord begangen? ÖVP-Abgeordneter Werner Amon ist Obmann des sogenannten ständigen Unterausschusses des Innenausschusses. Er wartet noch auf den Revisionsbericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck, die die Arbeit ihrer Wiener Kollegen untersuchen muss, doch dann soll die Arbeit beginnen. "Wenn dieser Bericht vorliegt, kann ich mir gut vorstellen, dass wir uns im ständigen Unterausschuss des Innenausschusses intensiv mit dieser Frage auseinandersetzen", sagt Werner Amon.

Grüne: Verantwortung der Innenminister prüfen

Peter Pilz von den Grünen nennt das einen "sehr vernünftigen ersten Schritt", aber dem Unterausschuss müsse ein Untersuchungsausschuss folgen, fordert Pilz: "Warum konnte im Fall Kampusch die gesamt Kriminalpolizei durch eine politische Partei missbraucht werden? Das kann nur der Untersuchungsausschuss klären. Das wird der zweite und wichtigste Schritt sein. Da geht es um die politische Verantwortung des ehemaligen Innenministers Platter und um die von Innenministerin Fekter, weil das alles ja bis heute noch nicht aufgeklärt ist."

ÖVP: Kritik nicht nachvollziehbar

Werner Amon (ÖVP) widerspricht Peter Pilz. Er könne das so nicht nachvollziehen, da "ja gerade Günther Platter diese Evaluierungskommission eingesetzt hat, um den Fall Kampusch noch einmal zu untersuchen". Laut Amon habe Innenministerin Fekter die Arbeit der Kommission unterstützt und verlängert.

BZÖ: Druck auf Ministerien ausüben

BZÖ-Abgeordneter Ewald Stadler sieht ebenfalls das Parlament gefordert. Er verweist auf den Brief eines pensionierten OGH-Präsidenten an alle fünf Fraktionen, in Sachen Kampusch: "Wenn ein Präsident des Obersten Gerichtshofes um Hilfe schreit, weil niemand die Ambition hat, die Widersprüche eines gravierenden Kriminalfalles aufzuklären, haben wir die Aufgabe, Druck auf die entsprechenden Ministerien auszuüben. In diesem Fall ist das Justizministerium. Das ist nötig, damit dieser Fall lückenlos aufgeklärt wird."

FPÖ: Angst vor zweitem Täter

FPÖ-Abgeordneter Werner Neubauer sagt, seine Partei habe schon längst einen Untersuchungsausschuss beantragt: "In Österreich verschwinden jährlich insgesamt 800 Menschen, 200 davon sind Kinder. Wenn man das bedenkt, kann man ja nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn beim Fall Kampusch an der Einzeltätertheorie festgehalten wird und man vielleicht Angst haben muss, dass ein zweiter oder dritter Täter frei herumläuft."

SPÖ: Strafprozessordnung reformieren

SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl erwartet von parlamentarischer Recherche zum Fall Kampusch auch Ideen für eine Reparatur der umstrittenen Reform der Strafprozessordnung: "Wir haben vereinbart, dass wir in den nächsten Wochen in die Offensive gehen. Wir fassen eine parlamentarische Enquete hinsichtlich dieser Reform der Strafprozessordnung ins Auge."