35 Jahre Zeitgenössisches

Ensemble für Neue Musik

In Salzburg wurde 1922 die Internationale Gesellschaft für Neue Musik begründet. Seit 35 Jahren gibt es ein Orchester, das sich intensiv dafür einsetzten, dass Musik unserer Tage in Salzburg auch gespielt wird. Mittlerweile genießt das Österreichische Ensemble für Neue Musik Ansehen auch über Salzburg hinaus.

Kulturjournal, 15.12.2010

Gut 30 Konzerte pro Jahr, nicht nur in Salzburg selbst, sondern auch bei Wien Modern, beim Kunstfest Weimar oder beim Warschauer Herbst: Das Österreichischen Ensemble für Neue Musik ist international anerkannt hat und Stücke aller wichtigen Komponisten der Gegenwart im Programm.

Der Start vor 35 Jahren hatte ein wenig den Charme einer Selbsthilfegruppe. Der Salzburger Komponist Klaus Ager, der unter anderem in Paris bei Olivier Messiaen studiert hatte, war an die damaligen Hochschule Mozarteum berufen worden, wo er die Wege für zeitgenössische Musik ebnen sollte. Er und Komponistenkollegen wollten, dass ihre Stücke auch aufgeführt wurden.

Die Anfänge

"Wir, die Komponisten, haben uns damals gedacht: So kann es nicht weitergehen. Wir haben uns das ausgerechnet: In jedem Konzert kommt man einmal vor, wir waren damals ungefähr 20 Leute, das heißt als jedes dritte Jahr eine Aufführung in Salzburg", so Ager. "Das war damals wirklich eine furchtbare Situation. Wenn man das vergleicht mit heute und wie viele Konzerte es jetzt gibt, nicht nur von uns, sonder auch von vielen anderen, das war ja wie ein Schneeballsystem."

"Silence 7" von Klaus Ager war eines jener Stücke, die beim Gründungskonzert 1975 aufgeführt wurden, ein Stück für Klavier und zwei Spieler, die jedoch nicht die Tasten, sondern die Saiten im Corpus des Instruments bespielten.

Festival Aspekte

Zwei Jahre später rief Klaus Ager in Salzburg auch die Aspekte, ein Festival für zeitgenössische Musik, ins Leben, für viele Jahre die wichtigsten Auftrittsmöglichkeit des Ensemble und für Salzburg die Chance, Musik bedeutender Komponisten unserer Tage live zu hören.

Aspekte und das Österreichische Ensemble für Neue Musik blieben eng verbunden, als nach zehn Jahre der aus Südtirol stammende Komponist Herbert Grassl die Leitung des Ensembles übernahm.

Grassl, der selben Generation wie Klaus Ager angehörend, verstand es, entschieden jüngere Musiker für Neue Musik und für das Ensemble zu begeistern.

Keimzelle des oenm

Frank Stadler ist nicht nur Primgeiger des Mozarteumorchesters, sondern mit seinem Quartett auch Keimzelle des oenm: "Mich hat Herbert Grassl angesprochen, ob ich denn nicht mal Lust hätte, da mitzuspielen. Ich habe dann einige Produktionen in Folge gespielt, bin immer mit großer Begeisterung hingegangen. Ich war anfangs skeptisch, was viele Stücke betrifft. Also ich habe da schon auch meine Zeit gebraucht, um einen Qualitätssinn zu entwickeln und Gutes von Schlechtem zu unterscheiden. Interessiert hat es mich prinzipiell von Anfang an."

Seit 1997 ist Johannes Kalitzke erster Gastdirigent des Ensembles, dem nun rund 30 Musiker angehören. Die Qualität zeigt sich unter anderem in zahlreichen Verpflichtungen für die Salzburger Festspiele, das oenm hat zum Beispiel im Mozartjahr 2006 die Uraufführung von "Adama" von Chaya Czernowin gespielt.

Überraschungen auch für Musiker

Was Neue Musik für die Ensemblemitglieder so spannend macht? Es gilt, sich selbst ein Bild zu machen, Kriterien für Qualität immer wieder neu finden zu müssen, sagt der Cellist Peter Sigl: "Wir denken immer, dass wir es schon wissen. Dann passiert es aber doch ständig, dass wir reinfallen und zum Beispiel ein Stück bekommen und anfangen zu proben und alle stöhnen und denken: Mein Gott, was ist das für ein Mist. Und am Ende geht es auf und alle sind begeistert..."

An diesem Wissen soll auch nächste Generation Anteil haben, Ensemblemitglieder geben deshalb Akademien an der Universität Mozarteum, Profis von heute unterrichten mögliche Profis von morgen, sagt Frank Stadler: "Die Leute, die bei uns dabei sind, sind nicht alle top vorbereitet, dafür war wahrscheinlich auch die Zeit ein bissl zu kurz, aber es sind alle mit Interesse dabei. Man spürt, dass man auf offene Ohren stößt. Man hat den Eindruck, dass man das ruhig öfter mal machen könnte."

Was passiert ist: In diesen Tagen gibt das österreichische Ensemble für Neue Musik wieder eine Akademie und begeistert Mozarteum-Studierende für Musik unserer Tage.

Textfassung: Rainer Elstner