Menschenrechtler appelliert an EU und USA

"Regime will Protest ersticken"

Das ägyptische Regime will die Proteste langsam ersticken, sagt ein Vertreter von Human Rights Watch im Ö1 Interview. Die Armee profitiere vom System und wolle es aufrechterhalten. Die USA und die EU müssten den Druck erhöhen, appelliert der Menschrechtler. Andernfalls werde der Widerstand abgewürgt. Doch noch geben die Demonstranten nicht auf.

Barbara Ladinser berichtet direkt aus Kairo

Mittagsjournal, 09.02.2011

Tahrir-Platz füllt sich wieder

In Ägypten lassen sich die Demonstranten nicht einschüchtern. Das Regime macht bisher nur minimale Zugeständnisse. Ein Komitee soll auf Anordnung von Präsident Mubarak Verfassungsänderungen ausarbeiten. Er selbst will bis zum Ende seiner Amtszeit in einem halben Jahr bleiben. Aber die Demonstranten wollen, dass Mubarak geht - jetzt und sofort.

Auch heute strömen wieder Tausende auf den Tahrir-Platz in Kairo. Der gestrige Tag war ein Triumph. Das Zentrum von Kairo hat die bisher größten Massen gesehen und seit gestern hat die Bewegung zum ersten Mal eine herausragende Figur: den Internetaktivisten Wael Ghanim, der nach zwölf Tagen Haft in einem Militärcamp jubelnd auf dem Tahrir-Platz empfangen worden ist. Vizepräsident und Geheimdienstchef Suleiman schüttelt bereits die Faust und erklärt, die Regierung könne die Proteste nicht mehr länger hinnehmen. Auf dem Tahrir-Platz schiebt man die Angst, dass das Militär am Ende doch den Platz räumen könnte, lieber beiseite.

Absurde Verschwörungstheorien

Entsprechend würden die verteufelt und verleumdet, die das System jetzt ändern wollen. Die staatlichen Medien hetzten ganz gezielt, sagt Burckhard: "Sie erklären kontinuierlich, dass die Proteste von Ausländern gesteuert werden, von israelischen Mossad-Agenten, iranischen Agenten, amerikanischen Agenten, Agenten der Hamas - die komplexeste Verschwörung, die es je gegeben hat: die USA und der Iran vereint im Versuch, Mubarak zu stürzen. Es ist absurd, aber äußerst aufwieglerisch."

USA und EU müssen Druck erhöhen

Und nun auch noch die Gefahr, dass angeblich Al Kaida-Terroristen aus den Gefängnissen entkommen seien. Jedes dieser Elemente könnte als Vorwand dienlich werden, um aus Sicherheitsgründen dem Aufstand ein Ende zu machen. Das Militär wird den Platz aber nicht mit Gewalt räumen, vermutet der Menschenrechtler Peter Burckhard, aber: "Sie werden die Bewegung langsam erwürgen, weiter gegen sie hetzen, Leute im Dunkeln verhaften, führenden Aktivisten sagen, sie sollen die Leute nachhause schicken und so den Druck vergrößern. Dies, wenn die USA und die EU, nicht viel stärker als bisher verlangen, dass der Übergang nicht vom Militär gesteuert werden soll, sondern von zivilen Kräften."

"Ägypter waren immer stark"

All das tut der euphorischen Stimmung auf dem Platz vorerst keinen Abbruch. Ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl hat viele erfasst. Sahra und ihre Freundinnen sind richtiggehend selig:"Wir ändern die Geschichte, wir bestimmen unser eigenes Schicksal. Die Ägypter waren immer stark, sie können alles bauen!"

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