Bettelverbote in Kärnten und Sterimark

Wien: Kriminelle stehen hinter Bettlern

Geplante Bettelverbote in Kärnten und der Steiermark sorgen in den vergangenen Tagen für heftige Diskussionen. In Wien stehen laut Polizei Kriminelle hinter den Bettlern, in Graz angeblich nicht.

Morgenjournal, 11.02.2011

Hintermänner kommen vor Gericht

Rund 80 mutmaßliche Opfer, nämlich Bettler hat das Bundeskriminalamt im Vorjahr ausgeforscht und 17 Hintermänner aus Rumänien. Der mutmaßlichen Tätergruppe wird Menschenhandel und Ausbeutung vorgeworfen. Die 17 Personen sollen zum Teil in Österreich, zum Teil in Rumänien vor Gericht gestellt werden, sagt Gerald Tatzgern, Abteilungsleiter für Menschenhandel im Bundeskriminalamt.

Behinderte gezielt rekrutiert

Die Bettler sollen gezielt rekrutiert und nach Österreich gebracht worden sein. "Es betrifft erwachsene Behinderte, die pro Tag 50 bis 80 Euro erbetteln mussten. Sie selbst haben aber nur 100 Euro pro Monat erhalten."

Eigenständiges Betteln verhindert

Bis zu 12 Stunden am Tag mussten die Bettler in der Kälte sitzen, so Tatzgern. Damit handle es sich eindeutig um Ausbeutung. Außerdem seien die Bettelstandorte in Wien, zum Teil aber auch in Graz und Linz, von den Hintermännern vergeben worden. Eigenständiges Betteln sei kaum möglich und werde verhindert, das habe sich bei einzelnen Bettlern gezeigt: "Die wurden zusammengeschlagen."

Menschen sehen sich nicht als Opfer

Der Menschenhandelsexperte räumt aber ein, dass sich die 80 sogenannten Opfer selbst nicht als Opfer sehen oder bezeichnen. Der Grund ist laut Tatzgern die große Armut in ihrer Heimat: "Zu Hause Schlafen sie nur in ungeheizten Baracken und hier zusammengepfercht zu 40 in einer kleinen Wohnung. Die Wohnung ist aber beheizt und sie haben zu essen erhalten. Sie selbst sehen sich nicht als Opfer."

Graz: Keine Kriminelle hinter Bettlern

Die Grazer Polizei hat in den vergangenen Jahren mehrmals ermittelt, ob Kriminelle hinter den Bettlern stehen. Zuletzt eine behinderte Bettlerin betreffen. Doch laut Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter haben die Ermittlungen ergeben, "...dass diese Bettlerin im Familienverband steht."

Und zu den mehrheitlich slowakischen Bettlern in Graz, den Schützlingen des Grazer Armenpfarrers Wolfgang Pucher, sagt Kemeter: "Es wird abgesprochen, wo gebettelt wird."

Bettelverbot im Sinne der Polizei

Trotzdem lässt der Polizeikommandant durchklingen, dass ein generelles Bettelverbot durchaus im Sinne der Polizei ist. Aus rein arbeitsökonomischen Gründen: Die Polizisten müssen dann nämlich gar nicht erst ermitteln, ob jemand aggressiv oder gewerbsmäßig oder organisiert gebettelt hat. Dieser große Ermittlungsaufwand stehe nämlich in keiner Relation zum vergleichsweise harmlosen Delikt des Bettelns.