Rund um den Circus Maximus
Vergnügungsviertel des antiken Rom
In Fellinis Filmklassiker "Roma" geht es einige Sequenzen lang um die Tatsache, dass Rom ein unerschöpflicher archäologischer Fundort ist - jede Baustelle in der Stadt kann zur Ausgrabungsstätte werden. Das ist bis heute so. Seit kurzem kann man die sensationellen Fundorte um den Circus Maximus besichtigen.
8. April 2017, 21:58
An der Südkurve dieser größten antiken Pferderennbahn wurden die Reste von Wirtshäusern und anderen Vergnügungsorten gefunden. Diese Reste weisen nach Ansicht der Archäologen darauf hin, dass der Circus Maximus von einem riesigen Vergnügungsviertel umgeben war. Langsam aber sicher kommen die Geheimnisse dieser gigantischen Arena ans Tageslicht. Die Funde sind so erstaunlich, dass die Stadtverwaltung Rom Finanzmittel zur Verfügung stellt, um weitere Forschungen durchzuführen und das gesamte Gebiet in ein Museum umzuwandeln.
Kulturjournal, 15.02.2011
Von der stark befahrenen Via del Circo Massimo aus hat der Rom-Besucher einen umwerfenden Blick auf den Palatin-Hügel mit seinen grandiosen Ruinen römischer Kaiserpaläste. Unterhalb des Palatin und direkt unterhalb der Straße breitet sich eine rund 700 Meter lange und zirka 120 Meter kahle Fläche aus, spärlich mit Gras bewachsen und mit Müll übersät. Nur rechter Hand dieser Freifläche, in der Nähe des riesigen Gebäudes der Welternährungsorganisation FAO, erheben sich Ruinen aus dem Erdreich.
Dazu der römische Archäologe Daniele Petrella: "Man muss sich immer vor Augen halten, dass diese Freifläche hier einmal die größte Pferderennbahn der gesamten Antike war. Hier fanden rund 200.000 Zuschauer Platz. Ein immenses Gebäude, mit einstmals bis zu 20 Meter hohen Sitzreihen und prächtigen Bodengängen, die die gesamte Arena umschloss. Das ist eines der beeindruckendsten staatlichen Kulturgüter überhaupt."
Reste in der Südkurve
Dumm ist nur, dass man nicht viel sehen kann von der einstigen Arena. Der größte Teil des Bauwerks wurde mit den Jahrhunderten abgetragen, um andere Gebäude zu errichten. Nur in der sogenannten Südkurve finden sich noch antike Reste. Erstaunliche Reste, wie die Archäologen nach einer mehrere Jahre dauernden Grabungskampagne jetzt verkünden.
"Die Funde sind so wichtig, dass wir jeden Tag hier graben", sagt Petzrella, "denn jetzt endlich erschließen sich uns wesentliche Hintergründe des, sagen wir, Lebens dieses Gebäudes. Wir machten Funde, die uns Auskunft darüber geben, wie es hier damals zuging. Unglaublich aber wahr: Die Stadtverwaltung erhört in diesem Fall unsere Wünsche."
Der Fußball der Antike
Bei den jüngsten Grabungen an diesem prominenten antiken Ort mitten im Stadtzentrum Roms wurden die Reste von "tabernae" entdeckt, man würde heute sagen von Kneipen. Kneipen und andere Vergnügungsstätten, die, davon sind die Archäologen überzeugt, die Vermutung zulassen, dass die gesamte Arena von Lokalen umgeben war. Vor allem die Südkurve. Dort, wo sich die Fans der einzelnen Pferderennfahrer trafen und Siege feierten oder die Trauer über Niederlagen im für uns gar nicht schmackhaften, weil zu süßen oder zu gewürzten römischen Wein ertranken.
An den Grabungen ist auch der Archäologe Claudio Siti beteiligt. Er erzählt: "Die Archäologen fanden hier antike Münzen, wie man sie damals in Kneipen ausgab, Reste von Bodenbelägen unter den einstmals hier errichteten Bogengängen, Reste der Kloake von Kaiser Verspasian. Deutlich wird, dass es drinnen und draußen Kneipen gab. Hier muss es ziemlich hoch hergegangen sein! Hier gibt es noch viel zu erforschen."
Und so will die Stadtverwaltung Finanzmittel für weitere Grabungen bereitstellen. Es ist sogar die Rede von einem zukünftigen Circus-Maximus-Museum. Ein Sprecher des Fußball-begeisterten Bürgermeisters meinte: "Diese Pferderennen waren ja so beliebt wie heute der Fußball und so wollen wir hier natürlich in weitere Grabungen investieren".
Archäologen sind skeptisch
Eigentlich sollten sich die Archäologen angesichts solcher Versprechungen freuen. Doch sie sind skeptisch. Zum einen angesichts der chaotischen Situation im Denkmalschutz: da brechen antike Gebäude in Pompeji zusammen, weil dringend notwendige Arbeiten aus Geldmangel nicht durchgeführt werden können. Und zum anderen weil sie davon überzeugt sind, dass der Staat und nicht private Sponsoren für wichtige archäologische Monumente aufkommen sollten. Wie im Fall des Kolosseums: Archäologen fordern seit Jahren Restaurierungsarbeiten, doch nichts geschieht. Jetzt will ein Sponsor, der Schuh-Unternehmer Diego della Valle, mit 25 Mio. Euro aushelfen.
Angesichts chronischen Geldmangels werden wiederentdeckte archäologische Funde sogar wieder mit Erdreich zugekippt! Vor wenigen Jahren wurde in der riesigen Hadriansvilla bei Tivoli die Eingangstreppe dieses Prachtbaus wieder entdeckt. Ein Sensationsfund. Doch nach der fotografischen Erfassung der Grabungsstelle kippte man sie wieder mit Erdreich zu. Die Kulturpolitiker hatten kein Geld für weitere Forschungen. Ein Schicksal, das auch die Grabungen im Circus Maximus ereilen könnte - vor allem angesichts noch geheimer Dokumente, die seit Tagen im Rathaus zirkulieren, denen zufolge die gesamten römischen Kulturausgaben um satte 50 Prozent gekürzt werden sollen.
Service
Wikipedia - Circus Maximus