Morton Subotnick in Wien

Meister der Maschine

Morton Subotnick gilt als einer der Pioniere der elektronischen Musik. Als Klarinettist beim San Francisco Symphony Orchestra war er Ende der 1950er Jahre durchaus erfolgreich - doch das herkömmliche Instrumentarium war für ihn nicht ausreichend, um kompositorische Ideen zu verwirklichen.

Was ihm vorschwebte war ein akustisches und visuelles Gesamtkunstwerk - und er nahm damit vorweg, was heute mit Licht, elektronischer Beschallung und Performern in Clubs inszeniert wird.

"Wenn ich arbeite - und das ist meistens der Fall - versuche ich Input von außen zu vermeiden", erzählt Subotnick. "Ich wusste nie, was ein Club ist - ich habe es mir unlängst von jemandem erklären lassen. Es ist ein sehr junges Phänomen. Und auch wieder nicht: Ich habe 1968 in New York eine Diskothek veranstaltet, Electric Circus - und das wäre nach heutiger Definition genau das, ein Club. Was sich heute auf diesem Bereich tut, interessiert mich nicht besonders. Für mich war es nie von Bedeutung, was um mich herum geschieht. Ich hatte eine Vision!"

Musikalischer Techniker gesucht

Die künstlerische Vision von Morton Subotnick beinhaltete Klänge, die noch nicht existierten. Dafür musste jedoch erst das Instrument gebaut werden. Als Musiker und Komponist hatte Subotnick von Technik keine Ahnung. Er schaltete daher ein Zeitungsinserat.

"Ich weiß nicht mehr, wie ich es schaffte, in 15 Wörtern meine Vision so zu beschreiben, dass sich tatsächlich der Richtige meldete", erinnert sich Subotnick. "Wir hatten ja kein Geld anzubieten. Don Buchla kam sich vorstellen, und er verstand sofort, worum es ging. Es war die perfekte Zusammenarbeit mit ihm. Ich wusste überhaupt nichts über Elektronik, und ich zweifle bis heute daran, dass er versteht, worum es mir in der Musik geht. Aber für die meisten Leute ist schwierig zu begreifen, dass es eine Musik ist, die ohne Tonleitern und Harmonien auskommt."

Entwicklung des Buchla Synthesizers

Gemeinsam mit Don Buchla begann Subotnick 1963 die Entwicklung einer elektronischen Musikmaschine für Live-Auftritte, die statt über eine Klaviatur mittels Berührungsflächen und Drehscheiben gesteuert wurde. Benannt wurde das Gerät, das als einer der weltweit ersten Synthesizer gilt, zunächst nach dem San Francisco Tape Music Center, einer Organisation, die Subotnick gemeinsam mit anderen Avantgarde-Musikern gegründet hatte. Dass das Instrument schließlich jedoch als "Buchla Synthesizer" in die Geschichte eingehen sollte, hat einfach mit dem mangelnden Interesse Subotnicks an der kommerziellen Verwertung der Musikkiste zu tun. Er habe doch nur seine Musik machen wollen, sagt er.

Für und am Buchla Synthesizer komponierte Morton Subotnick "Silver Apples on the moon" im Auftrag einer Schallplattenfirma. Das Langstück wurde ein durchschlagender Erfolg - für Morton Subotnick war die erste Phase seines Vorhabens geglückt. Doch er wollte noch mehr.

"Das war Musik fürs Wohnzimmer, für Lautsprecher", meint Subotnick. "Ich zerbrach mir aber den Kopf: Was machen wir dann auf der Bühne? Es bedurfte einer neuen Kunstform - ich meinte damit nicht einen Ersatz für Kammermusik, sondern etwas Neues, mit Bild, Ton, Bewegung, Schatten. Ich hatte bereits 1961 etwas in dieser Art aufgeführt. Das Publikum war begeistert, doch ich setzte es nach zwei Abenden ab, weil es noch nicht vollständig war. Eine ganze Menge Arbeit und Gedanken fehlten noch."

"Kinder sollen experimentieren dürfen"

Er lernte Filme zu machen, er arbeitet mit Tänzern und inszenierte Theaterstücke. Alle seine Kenntnisse sind, so Subotnick, in eine Kammeroper eingeflossen, die Mitte Februar 2011 in der Halle E im Wiener MuseumsQuartier aufgeführt wurde. Konzeptuell geht "Jacob's Room", so der Komponist, auf seine Überlegungen von Anfang der 1960er Jahre zurück. Seit Mitte der 1980er Jahre hatte er konkret an der Musik und der Inszenierung gearbeitet, und nun, da "Jacob's Room" nach mehreren Jahrzehnten abgeschlossen ist, will er sich in den nächsten zehn Jahren einem neuen Bereich widmen: der elektronischen Musikpädagogik.

"Kinder sollen nicht Musik machen, sondern ohne Vorbehalte experimentieren dürfen", meint Subotnick, "genauso wie man nicht von Dreijährigen verlangt, dass sie figurativ zeichnen. Kinder sollen sich austoben dürfen. Auch wenn sie später ganz gewöhnliche Musik machen, man muss ihnen zumindest die Gelegenheit geben, etwas ganz Anderes auszuprobieren."

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Morton Subotnick
MuseumsQuartier - Netzzeit: Jacob's Room