Pop Art in der Albertina

Die Pin-Ups des Mel Ramos

"Girls, Candies & Comics" ist der Titel der Ausstellung, die ab 18. Februar 2011 in der Wiener Albertina zu sehen ist. Zusammen mit der parallel laufenden Roy-Lichtenstein-Schau ergibt das so etwas wie einen Pop-Art-Schwerpunkt zum über 50-jährigen Bestehen dieser Kunstströmung.

Kultur aktuell, 18.02.2011

In der Pop Art küsste die Kunst die Werbung. Oder Umgekehrt. In den Gemälden von Mel Ramos küssen nackte Pin-Up-Girls überdimensionale Zigarettenschachteln und Ketchup-Flaschen, oder sitzen mit gespreizten Beinen auf dicken Zigarren. In den 1960er Jahren erregte Mel Ramos damit einiges Aufsehen, wie Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder ausführt:

"Das Skandalon bestand ja nicht darin, dass man ein Pin-Up malt, das Skandalon bestand darin, dass das Pin-Up nicht im Spind eines GI im Korea-Krieg gezeigt wurde, sondern im Museum."

Trivialisierung par excellence

Auch Andy Warhol setzte sich mit seiner Brillo-Box oder seinen Skulpturen von Lebensmittelverpackungen mit der Warenwelt auseinander.

"Die Frage der Trivialisierung ist soundso das Thema der Pop Art", meint Schröder, "an der Spitze bei Andy Warhol. Wie weit kann Trivialisierung überhaupt noch getrieben werden, was gibt es Trivialeres, als eine Brillo-Box, eine Waschmittelbox einfach noch einmal zu machen? Da spielt er natürlich genau im Zentrum der Trivialisierungskampagne gegen das falsche, hohle Pathos der Kunst mit."

Doch lag zwischen Künstlern wie Mel Ramos einerseits und Roy Lichtenstein und Andy Warhol andererseits ein ganzer Kontinent: Ramos rezipierte in Kalifornien offensichtlich nicht die Avantgardeströmungen, wie es seine Kollegen in New York taten. Seine Pin-Ups sehen aus, als habe Ramos weder einen Jackson Pollock noch einen Barnett Newman rezipiert und als sei auch die Konzeptkunst an ihm vorüber gegangen. Und das obwohl Ramos bereits 1963 zusammen mit Roy Lichtenstein, Andy Warhol und anderen Pop-Art-Künstlern 1963 in einer Gruppenausstellung gefeiert wurde.

Strategien der Werbung

Vermutlich ist es kein Zufall, dass es die letzten 35 Jahre sehr ruhig um Mel Ramos war. Das Spätwerk des heute 75-Jährigen verrät sein künstlerisches Auf-der-Stelle-treten: nachdem er jahrzentelang unterrichtet hat, ist er wieder auf seine "Commercial pin ups" zurückgekommen, die in ihren Posen eins zu eins den Playboy-Girls der 1960er Jahre entsprechen. Während in den 1970er und 1980er Jahren viele andere Künstler darum bemüht sind, Stereotypen aufzubrechen, bleibt Mel Ramos beharrlich dabei. Nicht besonders kreativ.

Die Kunsthistorikerin Sigrid Ruby, die auf Pop Art spezialisiert ist und dazu einen Vortrag in der Albertina hielt, meint, dass er im Grunde die "Sex-sells-Strategie der Werbung, die er unausgesprochen zu persiflieren scheint", nützt und zu seinem eigenen Markenzeichen macht "und dadurch im Grunde eine Strategie für sich selbst übernimmt, die dann seinem eigenen kommerziellen Erfolg auch zuträglich ist."

Denselben Marketingvorteil des "Sex sells" erhofft sich vielleicht die Albertina. Davon abgesehen, dass die Schweizer Mode- und Lifestyle-Marke Strellson offizieller Sponsor dieer Wanderausstellung ist. Die Firma bringt bereits ihre zweite Kollektion mit aktuellen Motiven von Mel Ramos auf den Markt bringt. Da ist es sicher prestigeträchtig, den lange vergessenen Maler auch museumsmäßig wieder ein bisschen ins Rampenlicht zu rücken.

Textfassung: Red.

Service

"Mel Ramos. Girls, Candies & Comics", 18. Februar bis 29. Mai 2011, Albertina Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Albertina - Mel Ramos