Leben in Tokio weitgehend "normal"

Warum die Japaner so ruhig bleiben

Die Japaner harren nach wie vor aus. Große Fluchtbewegungen sind nicht zu erkennen. Roland Hagenberg, ein österreichischer Fotograf, der seit 17 Jahren in Tokio lebt, führt das auf die spezielle japanische Lebenskultur zurück.

"Schockierende Uninformiertheit"

Der in Tokio lebende Östereicher Roland Hagenberg im Ö1-Mittagsjournal-Gespräch am 16.03.2011 mit Andrea Maiwald

Zwang, Sturheit, Fatalismus

Die japanische Mentalität präge einerseits die Bindung an die Familie, andererseits die Verpflichtung gegenüber der Firma, sagt Hagenberg im Ö1-Mittagsjournal-Gespräch. Es gebe da ein Gemisch aus Druck, Zwang, Sturheit, Fatalismus und Durchhaltewillen. Daher habe sich der Alltag weitgehend normalisiert, Restaurants seien offen und voll wie immer, man gehe spazieren und einkaufen.

Beschwichtigende TV-Spots

Die einzige erkennbare Vorbereitung seitens der Behörden sei ein TV-Werbesport der Regierung. Der Inhalt: ein Bub hilft einer älteren Frau über die Stiegen oder ein Mann stützt eine schwangere Frau, untermalt mit sanfter Musik und einer Stimme die sagt: "Halten wir zusammen, es wird alles gut." Der Ausnahmezustand zeige sich lediglich in leeren Supermarktregalen für Brot, Milch, Wasser und Toilettenpapier - in einem perfekt organisierten Land wie Japan schon sehr bemerkenswert. Auch die haushohen Leuchtreklamen seien abgeschaltet worden, um Strom zu sparen. In den Randbezirken gebe es alle zwei Stunden Stromabschaltungen. Der Rhythmus des Lebens werde davon aber nicht beeinträchtigt, sagt Hagenberg.

Der Konsequenzen nicht bewusst

Aus dem Raum Tokio herauszukommen, werde schwierig sein, rechnet der Österreicher. Schon unter normalen Umständen brauche man vier Stunden bis zum Flughafen, und der liege noch dazu in Richtung der brennenden Reaktoren. Er selbst lebe jedenfalls mit gepacktem Koffer, nicht aber die Japaner. Bei denen stelle er eine "schockierende Uninformiertheit" fest: Man sei sich überhaupt nicht der Konsequenzen bewusst, die sich ergeben könnten.

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