Ziegler wird Nähe zu Gaddafi vorgeworfen
Salzburg lädt Festredner aus
Der Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler sollte die heurigen Salzburger Festspiele mit einer Rede zum Thema "Der Aufstand des Gewissens" eröffnen. Eingeladen wurde Ziegler von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ). Nun wurde Ziegler wieder ausgeladen - offiziell wegen angeblicher Kontakte zu Muammar al-Gaddafi.
8. April 2017, 21:58
Jean Ziegler ist Autor von Büchern wie "Wie kommt der Hunger in die Welt" und "Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren".
Die Begründung von Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler: Bei aller Wertschätzung für das große gesellschaftspolitische Engagement Zieglers wären vor allem seine früheren häufigen Kontakte zu Gaddafi das Hauptthema der Eröffnungsfeierlichkeit - statt Ziele und Programm der Festspiele dieses Jahres.
Mittagsjournal, 31.03.2011
Interview mit Jean Ziegler
Kritik vom American Jewish Committee
Besonders die vom American Jewish Committee gegründete Organisation UN-Watch warf Ziegler immer wieder vor, enge Beziehungen zum libyschen Staatschef zu pflegen. Im Jahr 2006 haben 20 weiterer Menschenrechtsorganisationen versucht, Zieglers Ernennung zum Menschenrechtsexperten der UNO zu verhindern. Damals wie heute Hauptkritikpunkt: Der heute 76-jährige Ziegler sei beteiligt am "Muammar-Gaddafi-Preis für Menschenrechte", einem Propagandainstrument des Regimes, wie UN-Watch in diversen internationalen Zeitungen betonte: Mit dem Engagement für das libysche Regime habe sich Ziegler disqualifiziert. Wer mit einem der schlimmsten Diktaturen verbandelt ist, sei völlig ungeeignet, für die UNO tätig zu sein.
Das offizielle Österreich war bisher mit Ziegler weniger streng. Ziegler ist Träger des Bruno-Kreisky-Preises, außerdem wurde ihm der Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung 2008 verliehen, also zwei Jahre nach dem Disput um Zieglers Ernennung zum UNO Menschenrechtsexperten. Ziegler bezeichnete die Vorwürfe gegen seine Person stets als unrichtig. Von Gaddafi habe er sich längst distanziert.
Ziegler sieht Verleumdung
"Ich werde unglaublich verleumdet, seit ich den Bericht über die Ernährungslage in Gasa bei der UNO durchgebracht habe", so Ziegler im Ö1 Mittagsjournal. "Einer der vielen Lügen, die das American Jewish Committee in die Welt setzt, ist, ich hätte einen Menschenrechtspreis von Gaddafi, diesem Psychopaten in Tripoli, erhalten. Ich habe zwar einmal eine Meldung gehabt, dass ich diesen Preis erhalte und habe ihn natürlich sofort abgelehnt."
Jetzt sei diese Lüge bis nach Salzburg gekommen: "Wenn Frau Burgstaller sich die Mühe genommen hätte, Wolfgang Petritsch anzurufen, hätte sie sofort diese Lüge entdeckt." Ziegler sei zutiefst verwundert über dieses Vorgehen.
Übten Sponsoren Druck aus?
Der Autor geht mit dem Kapitalismus und seiner Schweizer Heimat sehr hart ins Gericht. Zu den Sponsoren der Salzburger Festspiele gehören auch Nestlé und Credit Suisse. Spielt das aus Zieglers Sicht eine Rolle? "Das ist ganz höchstwahrscheinlich. Nestlé und Credit Suisse und diese Leute habe ich sehr angegriffen, auch wegen ihrer Politik in der Dritten Welt. Und die hassen mich. Dass sie Druck gemacht haben auf das Land Salzburg, das scheint mir höchstwahrscheinlich."
Bestellung ist Sache des Landes
Für Landeshauptfrau Burgstaller ist es "auch im Interesse von Jean Ziegler nicht sinnvoll", wenn dieser die Salzburger Festspielrede halte, berichtet die APA. Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler sagte einmal mehr, die Festspiele würden sich ihren Redner gerne selbst aussuchen.
Rabl-Stadler hat dem Land eine Liste mit acht Persönlichkeiten aus dem Bereich Kunst und Kultur übergeben. Welche Namen auf dieser Liste stehen, geben Festspiele und Land nicht bekannt. Von einer Abgabe des Bestellungsrechts an die Festspiele will Burgstaller nichts wissen: "Dies ist und bleibt Sache des Landes und nicht der Festspiele."
Text: APA, Red., Audio: ORF