"Oper unterwegs" im Schwimmbad
Flaschenpost
Es ist heiß, feucht und riecht nach Chlor. Einsame Rufe dringen durch die leere Halle. Als wäre sie auf einer einsamen Insel gelandet, stolpert eine Frau im roten Abendkleid und barfuß den Beckenrand entlang, läuft über Brücken und stellt sich auf einer künstlichen Halbinsel einen Liegestuhl auf.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 07.04.2011
An einem Ort, wo normalerweise Alltagskultur stattfindet, wird einige Tage lang zeitgenössisches Musiktheater aufgeführt. Wobei der griechisch-stämmige und in Paris lebende Komponist Georges Aperghis in seinem Werk "Récitations" sowohl Musik als auch Text sehr fragmentarisch einsetzt. Eine Frau, dargestellt von Franziska Sörensen, gibt das ganze Stück über Teile von Wörtern und Sätzen von sich, singt, spricht, grölt und grunzt, lacht und weint.
Wo Alltag Kunst wird
Helga Utz, Leiterin der Gruppe "Oper unterwegs", hat auf Grundlage von Georges Aperghis' "Récitations" das Stück "Flaschenpost" konzipiert. Der Komponist spiele in diesem Werk mit den verschiedenen menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten, erklärt Utz. Aperghis interessiere immer die Schnittstelle, wo der Alltag in Kunst übergeht, so Utz.
Das Stück "Flaschenpost" erzählt eine Geschichte in Ansätzen: So einiges, was da im Chlorwasser auftaucht, versetzt die Protagonistin in Verzückung und helle Aufregung: etwa ein Brief, der in einer Flasche ans Ufer geschwemmt wird, oder ein blonder Hüne in weißer Militäruniform, der in herrschaftlicher Pose auf einer Luftmatratze einhertreibt. Und auch die Wasserrutsche spielt in der Dramaturgie schließlich eine entscheidende Rolle.
"Glücksfall" Schwimmbad
Das frisch renovierte, attraktiv angelegte Hallenbad Hütteldorf bekommt in diesem Rahmen eine eigene Theatralik. Dass man dieses Schwimmbad als Spielort entdeckt habe, sei in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall, sagt Helga Utz: "Erstens finde ich das Schwimmbad außerordentlich schön (...) und es war akustisch geeignet." Manchen logistischen Herausforderungen, etwa die Probenzeiten außerhalb der Badeöffnungszeiten anzusetzen, wurden da gerne in Kauf genommen.
Schon öfter hat die Gruppe "Oper unterwegs" Orte des Alltags bespielt: 2009 etwa eine historische Schnellbahnstrecke, im vergangenen Jahr die Expedithalle der 100 Jahre alten Ankerbrot-Fabrik. Besonders fühlt sich die Gruppe der zeitgenössischen Musik verpflichtet: So wirkte in den beiden ersten Produktionen die österreichische Komponistin Olga Neuwirth mit.
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