Künstler/innen thematisieren das Bettelverbot

"Bettler" im Grazer Stadtmuseum

"Es muss erlaubt bleiben, um Gaben zu bitten und Gaben zu empfangen." Mit dieser klaren Position tritt eine hochkarätige Ausstellung im Grazer Stadtmuseum dem ab Mai geltenden Bettelverbot entgegen. Unter dem Titel "Wir sind Bettler" halten 21 Künstlerinnen und Künstler der herrschenden Scheinmoral den Spiegel vor.

Kulturjournal, 15.04.2011

Vor dem Grazer Stadtmuseum sitzt der Künstler Peter Gerwin Hoffmann und verteilt aus einem Pappkarton Bilder der Politiker, die das Bettelverbot beschlossen haben, an Passanten. Auf den ersten Blick ist er nicht zu unterscheiden von dem danebensitzenden Bettler, der mit einem Schild "Ich habe Hunger" um eine Gabe bittet und den viele am liebsten nicht mehr sehen wollen.

Künstlerische Auseinandersetzung mit dem Bettlerthema

Die Ausstellung "Wir sind Bettler" ist eine künstlerische Solidaritätserklärung, sagt Kurator und Künstler Martin Behr. Die Schwächsten der Stadt sollen durch eine fragwürdige Gesetzgebung vertrieben werden, so Behr. Und die dichte Schau ist auch eine Chronologie der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Bettlerthema in Graz seit 1989. Schon Christoph Schlingensief ließ hier von einem Hochstapler aus Geld herunterregnen, um das sich die Versammelten stritten. Das Video ist in der Ausstellung zu sehen.

Josef Schützenhöfer porträtierte einen stehenden Bettler mit ausgestreckter Hand. Nicht nur das Porträt, sondern auch das Honorar von 100 Euro, das nie abgeholt wurde, ist ausgestellt.

Franz West schnorrte 2007 in der Sporgasse für die Kunst - mit einem an einer drei Meter langen Stange befestigten Hut, wobei das ausgestellte Kunstwerk, "Schnorre" genannt, damals schon ein Vielfaches wert war als die eingeworfenen Münzen.

"Nichts zu verschenken"

Bettler verstecken, verdecken oder eben aus der Stadt verweisen - eine lange Auseinandersetzung, auf die die Arbeiten verweisen.

Die Videoarbeit der Diözesanpreisträger Zweintopf zeigt Künstlerin Eva Pichler mit gefalteten Händen und gesenktem Blick in Bettelpose, vor dem Computer eine Schachtel für die Almosen. Oder das Theater im Bahnhof mit seinem Bettelautomat - eine großer Karton mit Münzschlitz und der Aufschrift "Hier sitzt ein Bettler drin".

Josef Wurms Arbeit am Schaufenster des Stadtmuseums zitiert gängige Marketingslogans. "Wir haben nichts zu verschenken", zeigt den zu hinterfragenden Umgang mit dem Thema, so Astrid Kury.

Große Solidarität

Spontan und ohne Budget wurde die Schau von der Akademie Graz in Kooperation mit dem Stadtmuseum auf die Beine gestellt. Groß ist die Solidarität mit den Betroffenen aus Pfarrer Puchers Vinzinest, die zur Eröffnung im mehr als vollen Museum aufspielten. Und der Leiter des Menschenrechtsbeirats, Wolfgang Benedek, kündigte eine neue Plattform für die Menschenrechtsstadt Graz an und meinte, es sei schwer zu verstehen, warum wir das Betteln nicht aushalten.

Textfassung: Ruth Halle

Service

"Wir sind Bettler", bis 4. Mai 2011, Stadtmuseum Graz,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (40 Prozent).

Stadtmuseum Graz