Nahostkonflikt aus Palästinenser-Sicht
Julian Schnabels "Miral"
Julian Schnabel hat sich zuerst als extravaganter Künstler, dann aber auch als Regisseur einen Namen gemacht. Jetzt hat der Jude Julian Schnabel ein Drehbuch der Palästinenserin Rula Jebreal verfilmt. In "Miral" zeigt er den Nahostkonflikt aus der Sicht einer jungen Palästinenserin. Kommenden Freitag startet er in den heimischen Kinos.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.04.2011
Historisch verbürgte Ereignisse
"Miral" setzt 1948 ein, im Jahr der Staatsgründung Israels. Das Deir-Yasin-Massaker forderte damals zahlreiche Opfer unter der palästinensischen Zivilbevölkerung. Die Palästinenserin Hind Al-Husseini gründete daraufhin ein Waisenhaus, das später noch um eine Mädchenschule erweitert wurde. Es sind historisch verbürgte Ereignisse wie dieses, an denen entlang Julian Schnabel seine Geschichte in mehreren Zeitsprüngen erzählt.
Die Perspektive hat er dabei bewusst subjektiv gehalten: "Ich wollte keinen Politthriller drehen und ich bin auch kein politischer Analyst. Ich bin ein Geschichtenerzähler und es interessierte mich, meinen Film aus dem Blickwinkel eines 16-jährigen palästinensischen Mädchens zu erzählen, weil ich so etwas noch nicht kannte."
Alter Ego der Drehbuchautorin
Dieses 16-jährige Mädchen ist Miral, die dem Film auch seinen Namen gegeben hat. Sie kommt als Halbwaise in Hind Al-Husseinis Mädchenschule und ist das Alter Ego von Drehbuchautorin Rula Jebreal: "Ich wollte mit Mirals Geschichte, die Geschichte der Generation erzählen, die während der ersten Intifada aufgewachsen ist. Was im Film mit Miral passiert, habe ich nicht alles persönlich erlebt. Es sind auch Erfahrungen, die Mädchen in meinem Umfeld gemacht haben und die ich in dieser einen Figur zusammenfassen wollte."
Miral verliebt sich in einen politischen Aktivisten und wird dadurch mehr und mehr in die erste Intifada 1987 verstrickt. Nach einem Eskalieren der Gewalt kommt es schließlich zu Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern. Das Oslo-Abkommen wird von vielen jedoch, und zu ihnen gehört auch Miral, als Niederlage empfunden.
Originalschauplätze
Ramallah und Haifa, Jaffa und Jerusalem, Julian Schnabel drehte seinen Film an den Originalschauplätzen. Selbst das altehrwürdige American Colony Hotel in Jerusalem, wo 1993 die Geheimverhandlungen zwischen Israel und der PLO stattfanden, öffnete dem Filmteam seine Pforten.
Auch wenn der Film aus palästinensischer Perspektive erzählt wird, ist er doch nicht propalästinensisch, denn Schnabel zeigt die Gewalttaten und Ignoranz beider Seiten. "Ich denke, dass sich die israelische und palästinensische Zivilbevölkerung in einer Art Geiselhaft befindet, gefangen gehalten von den Fanatikern auf beiden Seiten", so Schnabel.
Fehlende Distanz
Julian Schnabel erzählt sein Epos in Hochglanzbildern. Leider bringt das Friedensengagement von "Miral" eine recht naive Blauäugigkeit mit sich und so häufen sich pathetische Phrasen über Verständnis und Toleranz.
Möglicherweise fehlte Julian Schnabel einfach die Distanz zu seinem Thema, ist Rula Jebreal mittlerweile doch nicht mehr nur seine Drehbuchautorin, sondern auch seine Lebensgefährtin.