Der Musiker über seine Leidenschaft

Brendels Kino

Der österreichische Pianist, Dichter und Denker Alfred Brendel ist offenbar auch ein leidenschaftlicher Kinogeher. Unter dem Titel "Zwischen Grauen und Gelächter" hat der Künstler für das Filmarchiv Austria eine Filmschau zusammengestellt, die derzeit im Wiener Metro Kino zu sehen ist.

Herausgekommen ist eine Auswahl von 14 grotesk-komischen Filmen europäischer und amerikanischer Regisseure. Am Donnerstag war Alfred Brendel in Wien zu Gast und hat über seine Liebe zum Film gesprochen.

Subversive Züge

Dass Alfred Brendel dem Grotesken in der Kunst nicht abgeneigt ist, zeigte der Musiker und Autor bereits in seinen Gedichtbänden. Auch die von ihm ausgewählten Filme tragen deutlich subversive Züge. Das gilt für die Arbeiten Buster Keatons aus den 1920er-Jahren ebenso wie für den Zirkus-Horrorstreifen "Freaks" von 1932 oder Marco Ferreris Film "La Grande Bouffe", in dem vier Freunde beschließen, sich zu Tode zu fressen.

Wie der Titel "Zwischen Grauen und Gelächter" schon sagt: Makabres treffe in seinen Filmen auf Humor, so Brendel: "Ich las unlängst in einer Zeitung die Definition des Komischen, die sagte, Humor ist unsere Antwort auf die Lehre des Absurden. Das hat mir sehr gefallen. Ich finde die Welt absurd und jeden Tag noch ein bisschen absurder. Im Wesentlichen ist doch ein starker Hang der Filmemacher zu sehen, das Bedürfnis, Dinge komisch zu finden. Und ich kann da nur herzliche übereinstimmen."

Jenseits des Bürgerlichen

Die von ihm gesammelten Filme stünden jenseits des bürgerlich Kodierten und des von Hollywood erfundenen amerikanischen Traums, so Alfred Brendel. Besonders fasziniert ihn, dass sich mit dem Film im 20. Jahrhundert noch eine gänzlich neue Kunstform entwickelt habe. Zur Rolle der Musik im Film hat der Pianist allerdings eine zwiespältige Haltung.

"Ich habe ein altes Hühnchen mit Filmkomponisten zu rupfen", betont Brendel. "Ich finde die Musik oft unerträglich schlecht. Und gerade dann, wenn sie preisgekrönt wird; dann gibt es Ausnahmen wie Jim Jarmusch, der einen bestimmten Komponisten verwendet, den ich sehr genossen habe. Und dann gibt es eine ganz große Ausnahme, das war Chaplin. Er hat ja alles selber gemacht und die Musik zu 'City Lights' ist ja auch von Chaplin. Wahrscheinlich hat er sich hingesetzt und am Klavier ein bisschen improvisiert, gedudelt und jemand hat das aufgeschrieben und das wurde dann instrumentiert - und das passt haargenau auf diesen Film."

Film und Theater verwandt

Gute Schauspieler in Film und Theater seien für ihn die nächsten Verwandten, wie Bruder und Schwester, so Brendel, der zwischen der Kunst des Musizierens und jener des Schauspielens einige Parallelen sieht: "Wir müssen charakterisieren. Falls wir uns nicht damit begnügen wollen, immer den gleichen Charakter zu spielen, müssen wir sehen, was das Musikstück oder die Rolle in einem Theaterstück von uns verlangt und uns damit identifizieren. Ich bin so altmodisch, das zu sagen. Es gibt Leute wie Brecht, die das abgelehnt habe, aber ich bin sehr für den Charakterdarsteller, der viele Rollen spielen kann und nicht ständig an sich selbst hängen bleibt. Außerdem müssen wir als Musiker deutlich sprechen."

Noch bis 23. April 2011 zeigt das Filmarchiv Austria in Kooperation mit dem Filmfestival Viennale Alfred Brendels Filmschau "Zwischen Grauen und Gelächter". Der Künstler, der heuer 80 Jahre alt geworden ist, hätte schon am vergangenen Wochenende zur Eröffnung der Serie kommen sollen, musste seinen Wien-Besuch wegen eines Spitalsaufenthalts aber verschieben.

Textfassung: Rainer Elstner

Service

Filmarchiv Austria - Zwischen Grauen und Gelächter: Alfred Brendel geht ins Kino