Das Kinodebüt des nordischen Donnergottes

Thor in 3D

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass heutzutage Superhelden in Hollywood regieren. Noch in den 1990er Jahren galten Spiderman, Batman und all die anderen "caped crusaders" als Nischenphänomene für Jungs, die nicht erwachsen werden wollen und deshalb nicht aufhören, Comic-Hefte zu lesen. 2011 sieht die Situation ganz anders aus.

Kultur aktuell, 28.04.2011

Spätestens mit dem Welterfolg von Christopher Nolans "The Dark Knight" haben Superheldenfilme eine Brücke zwischen Pop- und Hochkultur geschlagen und werden mittlerweile nicht nur von Comic-Fans und Jugendlichen, sondern auch von Kritikern sehr ernst genommen. Insofern scheint es kaum mehr verwunderlich, dass Shakespeare-Exeget Kenneth Branagh die Regie von "Thor" übernommen hat.

Das Ergebnis wurde von Industrie-Insidern und Spektakel-Fans monatelang herbei gesehnt. Denn immerhin ist "Thor" eine der letzten großen Figuren des Comic-Verlags Marvel, die noch keine Leinwand-Adaption erfahren haben. In den Hauptrollen sind der Australier Chris Hemsworth, sowie Anthony Hopkins und Natalie Portman zu sehen.

Die merkwürdigen Bewohner des Planeten Erde

Der Donnergott liegt im Krankenhaus: In der Wüste von New Mexico ist Thor vom Himmel gefallen und gleich anschließend von der Wetterforscherin Jane über den Haufen gefahren worden. Für Regisseur Kenneth Branagh ist die Götterdämmerung gleichbedeutend mit dem Göttersturz: Ein gutes Drittel des Films verbringt Thor damit, sich mit dem Planeten Erde und dessen merkwürdigen Bewohnern zu arrangieren.

Eigentlich lebt der blonde Hüne in Asgard, einer Götterstadt über den Wolken. Und eigentlich hätte er von seinem Vater Odin zum König von Asgard gekrönt werden sollen. Aber just während der Zeremonie brechen die unheimlichen Frostgiganten in den Palast ein und brechen damit auch einen Jahrzehnte alten Friedensvertrag. Daraufhin holt Thor eigenhändig zum Racheangriff aus und wird von Göttervater Odin als Strafe für so viel Hochmut ins Erden-Exil verbannt. Nicht nur das: Auch seine Superkräfte muss der Donnergott in Asgard lassen.

Comic-Universum der 1960er

Thor mit seinem gewaltigen Hammer Mjolnir. Sein Bruder Loki und sein Vater Odin. Die Regenbogenbrücke Bifröst, die das Götterreich Asgard mit der Erde verbindet: All das sind Elemente aus der nordischen Mythologie, die in den 1960er Jahren zu Bausteinen eines neuen Comic-Universums werden. Damals setzen sich der legendäre Autor Stan Lee und der nicht minder legendäre Comic-Zeichner Jack Kirby zusammen und erschaffen Thor: einen blonden Hünen, der im Götterreich wie auch auf Erden für Recht und Gerechtigkeit sorgt.

Superhelden sind die Götter der Popkultur. Sie sind mit besonderen Kräften ausgestattet, die sie zum Wohl als auch zum Leid der Menschen einsetzen können. Man erzählt sich ihre Geschichten, spinnt eine Mythologie um sie herum, errichtet ihnen Statuen und Fankultur-Schreine. Es ist diese ewige Qualität des Superheldentums, die Kenneth Branagh fasziniert; wie sich diese knatterbunten Schöpfungen des 20. Jahrhunderts rückbinden lassen an die großen Erzählungen der Menschheitsgeschichte und wie sie eben diese fortführen, interessiert den Regisseur.

Fehlerhafte Götter

Im Kern ist Branaghs "Thor" tatsächlich eine sehr menschliche Geschichte über Familiendynastien, ewige Fehden und Rivalitäten zwischen Geschwistern. Ein Film über das Erwachsenwerden, sozusagen, darüber, seinen Platz im großen Lauf der Dinge zu finden. Kenneth Branagh gelingt das, indem er seine Figuren, und im Besonderen Thor, nicht wie Götter behandelt. Zwar errichtet er ein atemberaubendes Asgard um sie herum, die Götter selbst aber sind fehlerhaft, sie geben ihren Trieben nach, sind jähzornig. Ohne Zweifel kommen dem Regisseur hier seine vielen Erfahrungen mit Shakespeare-Adaptionen zugute.

Kenneth Branagh ist ein klassischer Geschichtenerzähler und weiß, dass ein visuelles Spektakel nichts wert ist, wenn es nicht an Gefühle rückgekoppelt wird. Das Ergebnis ist eine der besten Großproduktionen der letzten Jahre – und jedenfalls ein hervorragender Leinwand-Einstand für "Thor", denn der Donnergott drohte über die letzten Jahre hinweg von seinen moderneren und amerikanischeren Kollegen wie Spiderman oder Captain America überschattet zu werden.

Das All-Star-Team aus dem Marvel-Universum

"Thor" war für das Verlagshaus Marvel immer ein wichtiger Charakter. Er hatte zwar keine eigene Fernsehserie, war aber von Anfang an Mitglied der sogenannten "Avengers". "The Avengers" sind das All-Star-Team aus dem Marvel-Universum: Neben Thor kämpfen noch Captain America, Iron Man und der Hulk Seite an Seite gegen das Böse.

Lange mussten die Fans auf eine Leinwand-Adaption des legendären Crossover-Projekts warten. Jetzt können sie aufatmen: Vor wenigen Tagen haben die Dreharbeiten zum "The Avengers"-Film unter der Regie von Joss Whedon begonnen. Geplanter Kinostart ist im Mai nächsten Jahres. Und selbstverständlich wird Chris Hemsworth darin erneut als Thor zu sehen sein.

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