Venedig-Auszeichnung für das Lebenswerk

Goldener Löwe an Franz West

Der Wiener Künstler Franz West wird im Juni den Goldenen Löwen der Venediger Kunstbiennale für seine Karriere erhalten. Der Beschluss wurde am Montag, 2. Mai 2011, vom Aufsichtsrat der Venediger Biennale unter der Leitung von Präsident Paolo Baratta gefasst.

Abendjournal, 02.05.2011

Ein großer Innovator

Der Bildhauer Franz West gilt als der international gefragteste österreichische Künstler. Mit ihm gemeinsam wird auch die 81-jährige US-amerikanische Künstlerin Elaine Sturtevant, eine Vertreterin der "Appropriation Art", für ihre Karriere ausgezeichnet. Den Goldenen Löwen werden die beiden am 4. Juni bei einer Zeremonie anlässlich der Biennale-Eröffnung erhalten.

Die Jury begründete ihre Entscheidung mit der "Einzigartigkeit ihrer Beiträge zur zeitgenössischen Kunst und dafür, ein kraftvolles und reiches Werk entwickelt zu haben, das künstlerische Produktion mit intellektuellem Diskurs in Verbindung bringt".

Franz West sei "ein großer Innovator der Skulptur, indem er sie wie eine Meta-Sprache entwickelt und ihre Nähe zum Körper sowie zu Möbelstücken betont", so die Jury weiter. Seine Arbeiten gehören zu dem teuersten, was Österreich auf dem internationalen Kunstmarkt zu bieten hat, sie waren an prominenten Orten wie dem Belvedere-Garten, an öffentlichen Plätzen (etwa die Gerngrosssäule in der Rahlgasse) oder am Eisernen Vorhang in der Wiener Staatsoper (Saison 2009/10) zu sehen. In Venedig, wo er nun den Löwen bekommt, vertrat er Österreich im Jahr 1990 unter Kommissär Hans Hollein.

"Mit dieser Entscheidung der Jury ist abermals die internationale Bedeutung von Franz West anerkannt worden", gratulierte Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) in einer Aussendung. "Er zählt zu den herausragenden Universalkünstlern der Gegenwart. Franz West lässt eng definierte Genres stets hinter sich. Er versteht es, Wirkung und Aussage provokativ und innovativ zu verschmelzen." Sie freue sich darauf, dem Künstler im Rahmen der Biennale zu begegnen.

West hat enge Beziehungen zu Italien. Seit 40 Jahren besucht er regelmäßig Rom. Zuletzt waren seine Installationen in Neapels Museum MADRE gezeigt worden. Im vergangenen Oktober hatte er in Rom eine neue Skulpturenserie in der renommierten "Gagosian Gallery" ausgestellt. "Ecolalia" heißen die knallig bunten, riesigen Skulpturen des Künstlers, die in Rom gezeigt wurden.

Vier Jahrzehnte im Dienste der Kunst

Franz West, am 16. Februar 1947 in Wien geboren, nahm nach wechselnden Schulbesuchen und -abbrüchen, Reisen, Drogengenüssen, Gefängnisaufenthalten und prägenden Freundschaften wie mit dem Schriftsteller Reinhard Priessnitz zunächst autodidaktische Studien auf. 1974 entstanden die ersten "Passstücke" (für den menschlichen Körper), tragbare Gebilde aus Papiermache und Gips, die beliebig benutzt werden konnten.

Zwischen Kunst und Gebrauch

Mit seinen "Möbeln" hat West die Untersuchung der physischen, psychischen, profanen und kultischen Dimensionen der Skulptur weiter vorangetrieben. Stühle und Liegen, die aus Eisen und Industrieschrott zusammengeschweißt wurden, luden an ausgewählten Orten zur Benützung und Betrachtung ein; etwa im Kunsthistorischen Museum, bei der "documenta 9" oder in der Lagune von Venedig. In Debatten, ob seine Objekte nun Kunst oder Gebrauchskunst oder Nicht-Kunst sind, ob das Werk womöglich erst durch Benutzung und Besetzung des Besuchers zur Kunst wird, ob es am Sockel stehend der ehrfürchtig-kultischen Kontemplation oder im Kammerl der ungestörten Benutzung dienen sollte - in solche Diskussionen mischt sich Franz West erst gar nicht ein.

Ein postindividueller Anarchist

Mit hinterhältiger Konzilianz pflegt er, der sich persönlich als "postindividueller Anarchist" bezeichnet, den verschiedenen Meinungen Recht zu geben und gibt gleichzeitig gerne eigene Nicht-Meinung vor. Von 1977 bis 1982 studierte Franz West bei Bruno Gironcoli an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Seiner ersten Ausstellung 1970 in der Wiener Galerie Hamburger folgten unzählige wichtige Einzelausstellungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen.

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