Sammelband zu Zivilcourage

Mutige Menschen

Mut ist nicht zuletzt eine Frage des Zusammenhangs. In repressiven, totalitären Systemen kann Mut bedeuten, für eine Überzeugung das eigene Leben zu riskieren. In jedem Fall setzt Mutigsein voraus, das Risiko des eigenen Tuns zu kennen und bewusst einzugehen.

Das Buch "Mutige Menschen", herausgegeben vom deutschen Journalisten und Autor Ulrich Kühne, versammelt 34 Kurzbiografien und Beschreibungen von Frauen und Männern, die im Kontext ihrer Zeit auf verschiedene Weise Mut bewiesen haben. Dabei werden ganz unterschiedliche Menschen gewürdigt - die Sozialistin Clara Zetkin etwa oder Kurt Tucholsky, die Geschwister Scholl, der Verleger Peter Suhrkamp, Marlene Dietrich, Rudolf Augstein und Alice Schwarzer. Oder zwei türkischstämmige Schüler, die in Deutschland gegen die Zwangsverheiratung von Frauen protestieren.

Helfer vieler jüdischer Flüchtlinge

Unter den Porträtierten ist auch der Schweizer Polizist und Flüchtlingshelfer Paul Grüninger, geboren 1891. Grüninger hat einige tausend jüdische Flüchtlinge illegal in die Schweiz einreisen lassen und sie damit vor der Verfolgung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten gerettet.

1940 wird Paul Grüninger für sein Tun vor Gericht gestellt und verurteilt. Nach seiner Entlassung findet er keine feste Anstellung mehr. Er stirbt verarmt und wird erst 23 Jahre nach seinem Tod rehabilitiert. Heute sind in Deutschland, in Österreich und Israel Plätze und Straßen nach ihm benannt - in Wien trägt eine Volksschule seinen Namen.

Frauen für den Frieden

Auch die im Vorjahr verstorbene deutsche Malerin und Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, geboren 1945, zählen die Autoren zu den "mutigen Menschen". Geboren und aufgewachsen im Osten Berlins, initiiert Bohley 1982 das parteiunabhängige Netzwerk "Frauen für den Frieden". Wegen des Verdachts auf Landesverrat kommt sie für sechs Wochen in Untersuchungshaft. 1988 wird sie bei einer Demonstration erneut festgenommen. Ein Jahr später gründet sie die DDR-Bürgerrechtsbewegung Neues Forum und beteiligt sich an der Organisation der Montagsdemonstrationen in Leipzig. Auch nach dem Ende der DDR macht sich Bärbel Bohley für Menschenrechte stark und setzt sich für Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien ein.

In "Mutige Menschen" findet sich ein Zitat von Bärbel Bohley:

Nur kurze Texte

Leider sind den porträtierten Menschen nur je zwei Buchseiten gewidmet - eine davon mit Kurzbiografie und großem Foto. Aufgrund der Kürze der Texte bleiben die individuellen Motive und Beweggründe vieler Porträtierter recht nebulos, ihre Persönlichkeiten teilweise unscharf. Dabei sind unter den Autoren des Buches so gewichtige Stimmen wie der streitbare Hitler-Biograf Joachim Fest oder der tschechisch-österreichische Schriftsteller Pavel Kohout, der den Verleger Jürgen Braunschweiger porträtiert. Von diesen Autoren hätte man gerne mehr gelesen.

Dazu kommt, dass die Auswahl der Porträtierten doch recht beliebig wirkt, der Mut-Begriff verschwimmt angesichts der doch so unterschiedlichen Risiken, die die beschriebenen Frauen und Männer mit ihrem Tun eingegangen sind. Im Nachwort heißt es:

Es hätte dem Buch nicht geschadet, wenn es sich ein bisschen weniger "wie von selbst" gefüllt hätte. Der großformatige Bildband in Hardcover und Hochglanz kommt gewichtig daher - und bleibt im Inhalt doch recht oberflächlich und ohne roten Faden. Man wünscht sich, dass der Herausgeber mehr Wert auf den Inhalt als auf die äußere Form gelegt hätte.