Verstörend und provokant

Wastwater

Der 40-jährige englische Dramatiker Simon Stephens gehört zu den meist gespielten Autoren im deutschen Sprachraum. "Wastwater" heißt das neueste Stück des mehrfach preisgekrönten Autors. Ab Samstag, den 14. Mai, wird das Stück bei den Wiener Festwochen gezeigt.

Mittagsjournal, 13.05.2011

Seine Stücke sind provokant und verstörend. Spielen an den Bruchstellen der Gesellschaft. Simon Stephens will nicht unterhalten. Er will herausfordern, um zu hinterfragen.

"Ich fühle mich viel mehr hingezogen zu Fragen, die ich nicht beantworten kann. Zu dem, was mich beängstigt. Und ich glaube, das ist meine moralische Verantwortung. Nicht Lösungen anzubieten, sondern Fragen zu stellen. Ich glaube, das ist die Aufgabe jedes Künstlers. Schwierige Fragen zu stellen. Das Publikum zu verunsichern, es zu desorientieren. Ich glaube das ist meine Arbeit, das ist mein Job!"

Simon Stephens nimmt dabei immer wieder die Realität als Ausgangspunkt für seine Stücke. In "Punkrock" etwa, das derzeit am Wiener Volkstheater zu sehen ist, thematisiert er einen Amoklauf an einer Eliteschule. In "Motortown" die Traumata-beladene Rückkehr aus dem Irakkrieg und verfehlte Reintegration. Und in "Wastwater" ist es nun ein Flughafengebäude, das ihn inspiriert hat: Das Terminal Five in London Heathrow. Ein Ort der Begegnungen. Des Aufbruchs und des Ankommens.

Keine lineare Handlung

"Wastwater" hat dabei keine lineare Handlung. Ist in drei halbstündige Szenen unterteilt, die zeitgleich spielen. Ein Dorf in Flughafennähe, ein Hotelzimmer und das Untergeschoss eines Einkaufszentrums. Der Adoptivsohn verlässt seine Mutter, ein Paar vor dem Seitensprung, und schließlich ein Mann, der im Zwielicht des Flughafens ein Kind abholt.

"Im Stück herrscht ein unheimlicher Unterton, etwas sehr Verunsicherndes. Das ständige Gefühl, dass etwas passieren wird. Für mich stehen die Paare in diesem Stück immer an der Kippe, an der Grenze zur Katastrophe."

Menschen, so Stephens seien angetrieben von Wünschen, denen sie dann kompromisslos nacheifern. Auch auf Kosten der ökologischen Zerstörung, die in "Wastwater" metaphorisch, sowohl im Flughafen als angedeutete Kulisse, als auch im Handeln der Figuren mitschwingt. Kompromisslos in ihrem persönlichen Streben nach Veränderung, so Stephens.

Momente, die radikal verändern

"Die Charaktere wollen etwas voneinander - und sie verhalten sich so, dass sie bekommen was sie wollen. Ich schreibe häufig über Menschen, die Momente durchleben, die sie radikal verändern. Und wenn es dann vielleicht auch nur eine Rückkehr zum Ausgangspunkt ist, die Veränderung ist unausweichlich", sagt Stephens.

"Wastwater" ist bei den Festwochen in einer Inszenierung von Katie Mitchell zu sehen. Einer Regisseurin, die das Publikum polarisiert und wie Stephens mit seinen Stücken herausfordert. Hierzulande sorgte Mitchell schon 2009 mit ihrer erfolgreichen Inszenierung von Luigi Nonos "Al gran sole carico d’amore" bei den Salzburger Festspielen für Aufsehen. "Wastwater" hat Samstagabend, am 14. Mai, Premiere - es ist dies die Erstaufführung im deutschsprachigen Raum.