Zwischen Performances und Videoinstallationen

"Überlebensstrategien" beim forum festwochen

Die Wiener Festwochen präsentieren im Rahmen des forum festwochen dieser Tage eine Reihe von Projekten rund um das Thema "Überlebensstrategien". Zwischen Performances und Videoinstallationen, Ausstellungen und Workshops haben die Festwochen dazu Künstler aus dem In- und Ausland dazu eingeladen, sich mit unterschiedlichsten Strategien des Überlebens auseinanderzusetzen.

Kulturjournal, 14.06.2011

Abfall recycelt

Indische Filmplakate, alte Schuhe oder aus Müll gebastelte Drachen: Der indische Künstler Harish Khanna hat den Project Space am Wiener Karlsplatz in ein Überlebenscamp verwandelt. In Workshops können die Teilnehmer dabei lernen, was für zahlreiche Menschen in Indien alltägliche Überlebensstrategien sind. Wie der Abfall der Konsumgesellschaft recycelt und weiterverwertet werden kann, so Khanna.

Dinge, die etwa für jemanden aus der Mittelklasse nutzlos erscheinen, werden von anderen aufgesammelt und weiterverarbeitet, so Khanna. Die Menschen basteln sich daraus etwa Schmuck oder Glücksbringer, die sie weiterverkaufen.

Alltag aus anderer Perspektive

Für die Teilnehmer an seinen "Survival Projects", die sodann auch in die Stadt geschickt werden, um das Gebastelte zu verkaufen, solle es eine Möglichkeit sein, den Alltag aus einer anderen Perspektive zu sehen, so Khanna.

In Indien gebe es kein Sozialsystem wie hier, das die Menschen auffangen kann. Sie müssen improvisieren, sich Techniken aneignen und Möglichkeiten finden, um zu überleben. Für Matthias Pees, Chefdramaturg der Wiener Festwochen, waren solche Strategien Ausgangspunkt für das Thema des heurigen Festwochenforums.

Khanna hat solche Menschen in Indien begleitet. Ausschnitte aus seinen Dokumentationen sind in der Installation im Project Space zu sehen. Bei seiner Arbeit habe er dabei gemerkt, dass diese Menschen in vieler Hinsicht weit offener und freier seien, als jene aus höheren Gesellschaftsschichten.

Videoperformance

Ortswechsel: brut im Künstlerhaus. Hier sind neben der Videoperformance "Tagfish" der Antwerpener Künstlergruppe Berlin auch zwei Videoinstallationen von Carlos Motta zu sehen. Für "La buena vida" hat der kolumbianische Künstler dabei in zwölf südamerikanischen Städten Interviews mit Passanten geführt, und sie zu politischen Themen, etwa dem Demokratisierungsprozess Südamerikas oder der interventionistischen US Politik, befragt.

Führungen im öffentlichen Raum

Ein Hochstand vor dem Künstlerhaus ist dann Endpunkt von Barbara Ungepflegts Performance "Notstand". Themen ihrer Führungen im öffentlichen Raum sind Glaube, Liebe und Hoffnung. Und wenn das Projekt selbst hier zwar etwas willkürlich wirkt, so ist doch der Spielort interessant. Der Resselpark, bis vor kurzem noch Sammelpunkt für Obdachlose, jetzt Schauplatz von Überlebensübungen.

Zu den spannendsten Projekten des forum festwochen gehört die Performance "San Jeronimo", der für Extreme bekannten spanischen Künstlerin Angelica Liddell.

Isolation als Überlebensstrategie

Die Performance beginnt mit einem Monolog eines Mannes mit paranoider Schizophrenie. Sie verletzt sich mit Rasierklingen und lässt sich dann auf der Bühne zu Musik von Bach einmauern. Das angeblich Normale, weggesperrt vom angeblich Gestörten. Isolation als Überlebensstrategie.

Man sperre sich ein, so die Künstlerin, um sich vor der Welt, der Gesellschaft zu schützen. Vor dem Lärm und den anderen Menschen, wenn man glaubt, dass man nichts mit ihnen zu tun habe.

Insgesamt werden im Rahmen des forum festwochen, Projekte von sieben Künstlern und Künstlergruppen gezeigt. Am Mittwochabend starten zudem die Künstlerdialoge, ebenfalls zum Thema Überlebensstrategien, unter anderem mit Ulrich Seidl und Kathrin Röggla.

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