Vom Gleichgewicht der Kräfte am Peloponnes
Familienbetrieb und Tourismusfalle
John George ist einer der ältesten Hotelbetriebe in Tolo, an der Ostküste des Peloponnes. Yannis Georgidakis ist einer der Miteigentümer. Authentizität und Wildwuchs sind ihm die wichtigsten Themen, wenn es um das Verbauen des Peloponnes geht.
8. April 2017, 21:58
Yiannis Georgidakis steht vor der kleinen Rezeption seines Hotels und unterhält sich mit einem Dorfbewohner. Es geht um den Regionalbezirks Argolis, seine landwirtschaftliche Vielfalt, seine begünstigte Lage. Da der Peloponnes aufgrund seiner Form gerne mit einer Hand verglichen wird, kann man in der Argolis den Daumen der Halbinsel erkennen. Es ist eine gebirgige Landschaft mit ausgesprochen fruchtbarem Boden. In der Argolis gedeihen Zitrusfrüchte ebenso wie Getreide, Oliven und Wein.
Das Hotel von Yiannis Georgidakis, das er gemeinsam mit seinem Bruder Giorgos betrieb, bevor die Familie expandierte, liegt im alten Ortsteil von Tolo, hoch über dem Argolischen Golf. Die Terrasse bietet einen guten Ausblick auf die Bucht des ehemaligen Fischerdorfes, auf die beiden kleinen Inseln Romvi und Koronis und auf den Fischhafen.
Georgidakis, Skalidis, Dikakis oder Niotis
Dass Tolo zu einer der belebtesten Urlaubsdestinationen am südöstlichen Peloponnes geworden ist, lässt sich an den vielen Shops, Lokalen und Pensionen links und rechts der parallel zum Strand verlaufenden, schmalen Hauptverkehrsader des Ortes erkennen. Was noch auffällt sind die Namen: über den Eingängen zu den Restaurants kann man Knossos, Festos oder Minoa lesen. Die Betreiber der unterschiedlichsten Lokalitäten heißen Georgidakis, Skalidis, Dikakis oder Niotis.
"Diese vier Namen sind wirklich typisch für Tolo", schmunzelt Yiannis Georgidakis. Davon möge man aber nicht ableiten, dass der Ort nur von vier Familien bewohnt wird. Vielmehr handelt es sich dabei um ein weit verzweigtes System von Nachfahren, die auf die eine oder andere Weise von den Familien Georgidakis, Skalidis, Dikakis und Niotis abstammen. Warum das so ist, hängt mit der Geschichte von Tolo zusammen.
Bauen ohne das Ortsbild zu belasten
Kulturelles Verständnis zu vermitteln steht für den Hotelier ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Doch in den Sommermonaten haben die Besucherinnen und Besucher von Tolo wohl andere Präferenzen. Daher umfasst die Angebotsliste der Dorf-Aktivtäten für Juli und August eher wassernahe Betätigungen, wie das Bauen von Sandskulpturen, ein Fischer- und ein Vollmondfest. Die Infrastruktur von Tolo war bekanntlich ja schon früh toruistisch geprägt, meint Yiannis Georgidakis. Das hing vermutlich mit der Nähe zur alten Hauptstadt Nauplia zusammen. Regionen wie Arkadien entdeckten das Geschäft mit den Reisenden erst viel später.
In Gegenden, wie Arkadien, wurde nichts zerstört, touristische Infrastruktur wuchs spät, langsam und geplant. Das trifft nicht auf alle Gegenden des Peloponnes zu. In Tolo wurde beispielsweise viel gebaut – allerdings ohne das Ortsbild mit mehrstöckigen Hotelburgen zu belasten. Zum Ausgleich setzt man im ehemaligen Fischerdorf - nicht zuletzt auf Betreiben von Yiannis Georgidakis - auf den persönlichen Kontakt zu den Gästen.
Intensive Betreuung der Gäste
Yiannis Georgidakis ist mit dem Tourismusgeschäft aufgewachsen. Abgesehen von seiner Studienzeit in Athen hat er immer in Tolo gelebt. Die Großstadt fehlt ihm nicht. Was allerdings fehlt, sind ausgebildete Tourismusfachkräfte, die dem ununterbrochenen Arbeitsdruck von Mitte März bis Mitte November standhalten wollen. Die meisten sind nach einem Jahr wieder weg.
Die intensive Betreuung der Urlaubenden steht für den Präsidenten der Hoteliersvereinigung unter einem wesentlichen Motto: entweder man liebt es oder man hasst es. Zu den bevorzugten Aufgaben von Yiannis Georgidakis zählt es u.a., seine Gäste mit den regionalen Weinen vertraut zu machen. Und diesbezüglich hat der Peloponnes einige zu bieten.
Eine Philosophie zu vertreten, die gelebt und überliefert ist, das steht im Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Im Umgang mit Urlaubenden und Reisenden setzt er auf Familie und Authentizität. So hat er es von seinem Vater gelernt.
Lieber kämpfen als aufgeben
Dass der Tourismus ein sehr fragiles Geschäft ist, weiß der Hotelier aus Erfahrung. Vor allem in Zeiten der Krise ist mit allem zu rechnen. Doch schon die Vorfahren der Einwohner von Tolo haben keine Mühen gescheut, um von Kreta auf das Festland zu kommen. Und ganz in diesem Sinne gibt sich auch Yiannis Georgidakis zuversichtlich kämpferisch.
Auch wenn die Berichte im Fernsehen täglich von der Finanzkrise überschatten sind: die Griechen sind ein optimistisches Volk, das lieber kämpft als aufzugeben, sagt der Hotelier. Und Familienbetriebe sind per Definition da, um auch schwierige Zeiten zu überstehen. Das hat man in Tolo gelernt.