Zusammentreffen im hohen Norden

Internationales Kammermusikfestival Stavanger

Im norwegischen Stavanger findet zurzeit ein internationales Kammermusikfestival statt - eines von den 30 Festspielen der Stadt und doch etwas ganz Besonderes: Eine Woche lang erleben die Besucher und Besucherinnen neben berühmten Perlen des klassischen Repertoires auch Werke zeitgenössischer Komponisten und grenzüberschreitende musikalische Darbietungen.

Kulturjournal, 12.08.2011

Ein berühmtes Foto zeigt ein Streichquartett in Aktion auf dem Felsplateau "Predigtstuhl", das 600 Meter senkrecht in den Lysefjord ragt. Ein Hubschrauber hatte die Musiker dorthin gebracht.

"Plötzlich kam eine kleine Wolke von unten rauf und hat die Musiker umwölkt. Und Truls stand da mit seinem Cello und guckte in diesen Abgrund." Der Oboist Gregor Zubicki hat 1991 mit dem Cellisten Truls Mörk das Kammermusikfestival gegründet. Seitdem hat es sich zu einer festen Institution entwickelt, die überwiegend von öffentlichen Geldern getragen wird und musikalisches Weltniveau erreicht.

"Die Farben in Stavanger sind immer in Bewegung", sagt Zubicki. "Da ist es Sonne, da ist es Regen, da ist es Sturm. Das ist die ganze Zeit in Bewegung. Und es ist nie voraussehbar. Das ist ein Teil für mich von Stavanger. Meer und Luft und Himmel, alles trifft sich hier. Und plötzlich kommt die Sonne raus."

Gedenkkonzert für die Opfer des Massakers von Oslo

Voller Kontraste ist auch die Stadt: Holzhäuschen-Idylle und Betonwüste, Nachtklubs und Nobelrestaurants, alles dicht beieinander. Und die Spielstätten des Kammermusikfestivals: die romanische Kathedrale mit ihrem meditativen Ernst, die Kleinkunstbühne "Folken" mit Kabarett-Flair. Das Klangspektrum des Festivals reicht von der zwerchfellerschütternden Mozartparodie bis hin zur abgrundtraurigen Mozart-Sonate.

Vom schmalen Hafenbecken führt ein Hügel hinauf zur grobgemauerten Kathedrale. Die hölzernen Portale: gesäumt von Blumen, Kränzen und Kerzen. Kurz vor dem Festivalstart am 8. August 2011 hat hier ein Gedenkkonzert für die Opfer des Massakers von Oslo stattgefunden. Derbe Holzplanken, wuchtige Säulen, eine gewölbte Holzdecke: wie ein Schiff aus Stein. Am Fuß der Kanzel ist das Konzertpodest installiert. Hier präsentieren sich norwegische und internationale Künstler mit einem Programm zwischen Klezmer und Klassik.

Doch bevor Geigerin Vilde Frang mit dem Pianisten Christian Ihle Hadland das Festival eröffnen, blökt ein Handy los. Ein anderes dann mitten in der Schostakowitsch-Sonate. Diesmal reagiert das überwiegend einheimische Publikum nicht mit Gekicher, sondern es hält empört die Luft an.

Gemeinsame Sprache: Musik

Mittags geht es zum Lunch-Konzert in den Hafen, zum Zentrum für zeitgenössische Kunst "Skur 2", das während des Festivals auch für Konzerte genutzt wird. Leicht lässt man sich hier ablenken von den Kreuzfahrtschiffen, die am Fenster vorbei aufs Meer auslaufen. Abschied ist auch das Motto des diesjährigen Festivals.

"Wir sind auf einer musikalischen Reise und da gibt's auch manchmal Abschiede von den Werken oder von den Leuten, mit welchen man zusammenspielt. Das ist für uns Abschied und eigentlich auch ein Anfang", meint Pawel Zalejski, Primgeiger des Apollon Musagète Quartetts. Die jungen polnischen Musiker haben 2006 in Wien zusammengefunden und betreiben mittlerweile selbst ein kleines Festival in der deutschen Stadt Goslar.

"Es ist dunkler hier als in Mitteleuropa", meint Piotr Skweres, "und das Meer ist auch kälter. Was mir sehr gefällt ist, dass man hier auch kammermusikalisch sehr zusammenhalten kann. Da kommen ja Leute aus verschiedenen Teilen der Welt. Und die gemeinsame Sprache ist Musik und Englisch."

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Kammermusikfestival Stavanger (englisch)

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