Kürzere Wartezeit für Privatversicherte
VKI kritisiert Zweiklassenmedizin
Ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) hat ergeben, dass Patienten mit privater Zusatzversicherung in manchen Spitälern um ein halbes Jahr früher einen Operationstermin bekommen. Dabei sollte die Zusatzversicherung eigentlich nur mehr Komfort im Spital bringen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 24.08.2011
"Privat geht's schneller"
Manche Spitalsverantwortliche scheinen es nur ungern zuzugeben, dass privatversicherte Patienten früher einen Operationstermin bekommen. 29 Spitäler wurden befragt, sieben haben offiziell angegeben, dass man mit Zusatzversicherung früher eine Katarakt- bzw. Grauer-Star-Operation bekommt. In einem Spital war es gleich um fünf Monate früher. Eine anonyme Testperson hat bei ihren Anruf in 18 Augenabteilungen die Auskunft erhalten: "Mit Zusatzversicherung geht´s schneller".
Eine Frage der Betten
Dabei dürfte eine Zusatzversicherung laut Gesetz nur die sogenannte Hotelkomponente bringen - also mehr Komfort für den Patienten. Die medizinische Behandlung und auch der Zeitpunkt der Behandlung müssten aus Sicht von Gesunheitsministerium und Sozialversicherungen für alle gleich sein. Doch laut VKI-Gesundheitsexpertin Bärbel Klepp argumentieren die Spitäler damit, dass sie halt Sonderklasse-Betten frei haben. Und das obwohl bei Grauer-Star-Operationen oft keine Übernachtungen nötig seien sondern nur sogenannte Tagesbetten.
Termin nach Privatkonsultation
Über ein weiteres Ergebnis der anonymen Anrufe in vier von 29 Spitälern, zeigt sich die VKI-Expertin bestürzt: Den Testern wurde bestätigt, dass man einen früheren Operationstermin bekommen könne, wenn man den Primar, die Primaria in der Privatordination aufsuche. Dort seien Untersuchungen zu bezahlen, und dafür werde der Patient in der Klinik dann bevorzugt behandelt, so Klepp. "Und das geht natürlich überhaupt nicht", und sei womöglich auch strafrechtlich relevant.
Beitrag zum Gesundheitssystem
Auch der Primarärztereferent der Ärztekammer, Robert Hawliczek, findet eine derartige Vorgangsweise nicht in Ordnung. Aber die Bevorzugung von zusatzversicherten Patienten verteidigt er indirekt: "Man kann nicht auf der einen Seite das Händchen aufhalten und das Geld der Zusatzversicherten wollen, weil das nützlich ist für alle, und gleichzeitig sagen, kriegen tun sie nichts dafür." Laut Hwaliczek steuern die zusatzversicherten Patienten rund eine Milliarde Euro jährlich zur Finanzierung des Gesundheitssystems bei.
Warten auf Wartelisten
Übrigens: Ein neues Bundesgesetz sieht ab dem kommenden Jahr transparente Wartezeit-Listen vor - für nicht akute Operationen, auch an Augenkliniken. Die Patienten sollen wissen, wo sie wie lange auf eine Operation warten müssen und danach ein Spital auswählen. Ob die Wartelisten an der rascheren Behandlung von Privatversicherten etwas ändern werden, bleibt abzuwarten.
Detaillierte Informationen des Vereins für Konsumenteninformation unter anderem mit der genauen Nennung der untersuchten Krankenhäuser.
VKI-Presseaussendung