Ausstellung im Völkerkundemuseum

Die kulturelle Bedeutung des Waldes

Am Dienstag, 6. September 2011 wird im Museum für Völkerkunde in Wien eine große Schau unter dem Titel "Wald / Baum / Mensch" eröffnet. Über 700 Exponate dokumentieren die Bedeutung des Waldes für Menschen von Lateinamerika über Europa bis Indonesien und Japan.

Kultur aktuell, 06.09.2011

Wienerwald fast abgeholzt

Die Geschichte der Menschheit hat im Wald ihren Ausgang genommen und mit dem Aussterben des Waldes könnte sie auch ihr Ende finden. Das legt zumindest das Aussterben einiger Völker nahe, wie Kurator Axel Steinmann erklärt: "Man sieht aber sehr deutlich, wie diese Kulturen - zum Beispiel die Osterinsel-Kultur - sich durch Abholzung ihrer Lebensgrundlage sich den Boden unter den Füßen entzogen haben." Auch wenn es inzwischen Bemühungen gibt, die Osterinseln wieder aufzuforsten.

Die Ausstellung zeigt, wie die Menschheit ihre mythenumwobenen und manchmal heiligen Wälder im Laufe der Jahrtausende entzauberte und immer mehr Kahlschläge vornahm. So erfährt man, dass Europa im 18. Jahrhundert fast völlig entwaldet war. Verantwortlich dafür waren Erzabbau, Glashütten und die frühe Industrialisierung. Obwohl es immer wieder historische Momente gab, in denen auch ganze Wälder gerettet wurden.

"In den 1870er Jahren hat es Pläne gegeben, den gesamten Wienerwald zu verkaufen und abzuholzen, um die Löcher in den Kriegsstaatskassen zu füllen. Das war Josef Schöffel, der sehr initiativ geworden ist und sogar Artikel in Karl Kraus' 'Fackel' geschrieben hat", so Steinmann.

Die Vor-Plastik-Ära

Eine Dokumentation aus dem Jahr 1865 zeigt, dass man, noch bevor man mit dem Abholzen der Amazonas Regenwälder begann, alle Baumarten inventarisierte und den Verwendungszweck der Edelhölzer bei der lokalen Bevölkerung dokumentierte.

Auch wenn man in der Überfülle der Exponate manchmal die Orientierung verliert, zeigt die Schau eindrucksvoll, dass in den Zeiten, als es noch kein Plastik gab, fast alle Alltagsgegenstände aus dem Wald stammten: Butterfässer aus Europa, hölzerne Kämme aus Asien, Schachteln aus Baumrinde, Kleidungsstücke aus Bast, Papier aus China.

Baum als Fruchtbarkeitsmotiv

Von den Baummustern auf indianischen Kleidungsstücken bis zu den Stammbäumen europäischer Herrscher wird der Baum als Fruchtbarkeitsmotiv gefeiert. Ja selbst Fahnen gehören zu den Exponaten: die Kanadische mit dem Eichenblatt aber auch die Libanesische mit der stilisierten Zeder. Eine berührende Erinnerung daran, dass der heute fast vollständig entwaldete Libanon schon in biblischen Zeiten abgeholzt wurde, um die Zedern nach Ägypten zu exportieren.

Erschütternd auch zu sehen, dass Afghanistan durch die Kriegseinwirkungen in den letzten 30 Jahren fast vollständig entwaldet wurde. Im Kontrast dazu beginnt man in Europa schon wieder, sich vor dem Ausufern des Waldes zu fürchten - hier breitet der Wald sich wegen der zurückgehenden landwirtschaftlichen Nutzung wieder aus.

Textfassung: Rainer Elstner

Service

"Wald/Baum/Mensch", 7. September 2011 bis 28. Mai 2012, Museum für Völkerkunde

Museum für Völkerkunde - Wald / Baum / Mensch