Unmut um Beteiligung der Grünen

Urbane "Wienwoche" geplant

Ab kommendem Jahr gibt es in Wien eine neue Kulturinitiative: Die "Wienwoche", in deren Rahmen jeden Herbst an mehreren Orten im Zentrum und an der Peripherie der Stadt Kulturprojekte stattfinden sollen, die sich einem bestimmten Thema widmen werden. Die strukturelle Verankerung der Grünen in der Organisation ist allerdings umstritten.

Kulturjournal, 20.09.2011

Thematische Ausrichtung

Urbane Räume zur Bühne zu machen: Das ist die Idee der "Wienwoche", die damit an bereits bestehende Initiativen wie etwa das Festival "Soho in Ottakring" anknüpft. Träger des Projekts ist der "Verein zur Förderung der Stadtbenutzung", der mit Künstlern, Kuratorinnen und Journalisten besetzt ist.

Dessen stellvertretender Obmann, der Filmemacher Markus Wailand, meint zur Grundausrichtung der "Wienwoche": "Der Schirm, unter dem sich alles sammelt, ist eine thematische Ausrichtung. Und da ist es dann egal, ob es ein Konzert ist oder eine Theaterproduktion, ob das interventionistische Praxen im Stadtraum sind. Letztlich sollte sich das so bündeln, dass das auf eine Idee hinausläuft."

Beteiligung der Grünen umstritten

Initiiert haben das Projekt die Wiener Grünen. Diese haben mit dem unabhängigen "Verein zur Förderung der Stadtbenutzung" eine Kooperation vereinbart. Was in dieser Vereinbarung festgehalten ist, stößt allerdings auf Unmut. Ein Kritikpunkt ist etwa, dass die Wiener Grünen in im sogenannten "Steuerungsteam" vertreten sein werden - und damit etwa bei der programmatischen Ausrichtung oder bei Personalentscheidungen mitreden.

Dass die Wiener Regierungspartei derart in ein Kulturprojekt involviert ist - zumal wenn es aus öffentlichen Mitteln finanziert wird -, findet die Wiener Kulturforscherin und Kulturmanagerin Elisabeth Mayerhofer bedenklich: "Ich denke politische Parteien sollten ohnehin keine Kulturinitiativen gründen. Das sollten die freien Szenen selbst machen und da gibt es auch genügend Ideen, wie man das machen kann. Was ich mir eher von einer grünen Kulturpolitik wünschen würde, wäre es, Rahmenbedingungen struktureller Natur zu verbessern, von Infrastrukturen über gesetzliche Rahmenbedingungen bis hin zu den Einkommen der Kulturschaffenden. Und hier bin ich bei der Erhöhung des Kulturbudgets. Aber nicht einen Teil des Kulturbudgets für ein eigenes Projekt, wo die Partei dann steuerungsmäßig stark involviert ist, umzuwidmen. Das sehe ich als problematisch."

Kulturforscherin beklagt schiefe Optik

Es gehe ihr nicht darum, die "Wienwoche" schlechtzureden, so Mayerhofer. Eine Plattform, die die freie Kulturszene und gesellschaftskritische Projekte fördere, sei zu begrüßen. Das Problem sei eben die strukturelle Verankerung einer politischen Partei.

Zudem werden die Mittel aus jenem Topf genommen, mit dem das ÖVP-Stadtfest gefördert wurde; letzterem wird die Förderung zur Hälfte gestrichen. Für die Kulturforscherin Mayerhofer ergibt das eine schiefe Optik: "Ich sehe hier eigentlich mehr eine Umfärbung. Von Schwarz kommt dann ein Teil zu Grün, ohne dass es aber besser gemacht wird. Natürlich geht es in der Form um ein Alternativkulturfestival, es geht hier um politische Eingriffe in den urbanen Raum. Aber trotzdem sehe ich hier mehr eine Art Umfärbung von einer parteinahen Vereinsstruktur in die andere."

Grüne verteidigen Wienwoche

Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Wiener Grünen, sieht das naturgemäß anders. Für ihn sind die Mittel von einer parteinahen Veranstaltung zu einem Projekt geflossen, das der freien Szene zu Gute komme. Die Wienwoche solle ein Best-practice-Modell für transparente Mittelvergabe werden und neue Standards für die öffentliche Kulturförderung setzen.

Dass die Grünen Einfluss auf das Festivalprogramm nehmen könnten, wie von Kritikern befürchtet, weist Werner-Lobo zurück. Inhaltliche Einmischung schließe die Kooperationsvereinbarung klar aus.

Dass die Partei aber sehr wohl strukturellen Einfluss hat, bestreitet der Grün-Politiker gar nicht: "Wir glauben schon, dass es Aufgabe der Kulturpolitik ist, zu sagen: Welche kulturpolitischen Weichenstellungen setzen wir in dieser Stadt. Und nachdem wir jetzt Regierungspartei sind und gewisse, sehr bescheidene Möglichkeiten haben, hier im Kulturbereich auch mitzuwirken, haben wir gesagt: Wir wollen jetzt einmal schaun, dass wir wirklich so etwas wie ein Beispielprojekt ins Leben rufen, wo wir aber künstlerisch gar nicht mitreden."

Leitungsteam gesucht

Gesucht wird nun ein künstlerisches Leitungsteam für die Wienwoche - die öffentliche Ausschreibung läuft seit vergangener Woche.

Textfassung: Rainer Elstner