"Biophilia" als Multimedia-Projekt

Björk im App-Universum

Die isländische Musikerin Björk gehört seit gut 20 Jahren zu den innovativsten und kreativsten Künstlerinnen im internationalen Geschäft. Mit ihrem neuen, mittlerweile achten Album "Biophilia" beweist sie das aufs Neue, denn "Biophilia" ist ein faszinierendes Multimedia-Projekt, als App für Tablets und Smartphones konzipiert.

Mittagsjournal, 1.10.2011

Ein virtuelles Haus

Ursprünglich wollte Björk für "Biophilia" ein eigenes Haus bauen oder eines der nach der Finanzkrise leer stehenden Häuser in Reykjavik in eine Musikschule umfunktionieren - für jeden "Biophilia"-Song einen eigenen Raum. Es ist schlussendlich ein digitales Haus geworden, ein Zellenkonstrukt bestehend aus Apps.

Alles habe mit dem Herumspielen auf einem Touchscreen begonnen, so die Sängerin, und alles habe schlussendlich auf Touchscreens geendet.

Einmal die "Biophilia"-App geladen, öffnet sich ein digitaler Raum, eine Art Kosmos mit den einzelnen Songs als Planeten. Mit einem Klick auf diese Sternkörper kann man sich zu jeder einzelnen Nummer ein Unterprogramm laden, mit Songmodus samt Variationen, interaktiven Funktionen und Spielen. Da gilt es etwa Kristalle zu sammeln, um neue Songteile freizuschalten, oder durch das Bewegen und Manipulieren von Zellen Klangstrukturen zu verändern.

Auf der Höhe der Zeit

Seit 1993 fischt die Isländerin nun schon in den Gewässern elektronischer Musik. Dass man dabei nicht spontan sein, keine impulsiven Entscheidungen treffen konnte, sei bisher die Achillesferse elektronischer Musik gewesen, so Björk. Nun habe man plötzlich die Möglichkeit dazu.

Right time, right place: Björk spielt hier nun mit den Reizen der Smartphones und Tablets, der Magie und Faszination von Touchscreens, mit den Apps als Bausteinen dieses neuen Marktes.

Zwischen Techno und Romantik

Und auch musikalisch fasziniert "Biophilia", denn egal, was Björk macht, wie oft sie ihren musikalischen Kosmos verändert und moduliert, er bleibt unverwechselbar. Diesmal mit eigens entworfenen Instrumenten, wie etwa einem Hybrid aus Celesta und Gamelan, mal in komplexen Rhythmusstrukturen kryptisch verschlüsselt, mit ausufernden Technobeats oder schließlich fast kindlich verträumten Melodien, die ruhig vor sich hin plätschern.

Ob dieses multimediale Konstrukt zur versprochenen Revolution popkultureller Massengewohnheiten wird, bleibt anzuzweifeln. Aber der noch junge App-Markt hat ja schon die eine oder andere Überraschung geboten. Das ambitionierte, manchmal fast überambitionierte "Biophilia" soll in den nächsten Jahren jedenfalls auch live zu bestaunen sein: Angeblich ist eine dreijährige Welttournee geplant, bei der Björk in nur acht Städten, jeweils sechs Wochen lang auftreten will.

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