Symposium über NS-Vergangenheit
150 Jahre Künstlerhaus
Das Jubiläum nimmt das Wiener Künstlerhaus zum Anlass, seine NS-Geschichte aufzuarbeiten. Ein hochkarätig besetztes zweitägiges Symposium reflektiert nun die Kunst im Dienste der Propaganda, die NS Karrieren, die "entartete Kunst", aber auch die Faschingsfeste im Künstlerhaus.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 21.10.2011
Das Künstlerhaus war sicher nationalsozialistisch instrumentalisiert und es hat sich auch instrumentalisieren lassen. Sagt der Kunsthistoriker Richard Kurdiovsky, von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Bestes Beispiel: die ausgelassenen Künstlerfeste, die es schon seit der Monarchie gab.
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges war dann der Grund, dass 1939 das letzte Faschingsfest samt Faschingsumzug stattfand. Der Maler Leopold Blauensteiner hatte sich nach dem Einmarsch der Nazis als Illegaler zu erkennen gegeben und wurde Präsident des Künstlerhauses. In der ersten Sitzung musste er mit Bedauern feststellen, dass viele prominente Mitglieder, Stifter und Mäzene nicht mehr da waren, wie Kudiovsky erzählt. Bevor der Arier-Paragraph jüdische Mitglieder ausschloss, war der Umgang allerdings amikal, wie Andrea Winklbauer vom Jüdischen Museum erklärt.
Wanderausstellung "Entartete Kunst"
Interessante Ergebnisse erbrachte auch die Forschung von Sabine Plakolm-Forsthuber vom Kunsthistorischen Institut der TU Wien. Sie befasste mit dem Thema "Kunst als Propaganda" und mit der bisher erstaunlicherweise kaum erforschten Ausgabe der Wanderausstellung "Entartete Kunst", die 1939 in Wien gezeigt wurde. Sie fand heraus, dass kaum österreichische Künstler in der Schau vertreten waren, selbst von Oskar Kokoschka waren nur noch zwei Grafiken zu sehen. Seine Gemälde waren schon auf einer der früheren Stationen zu Geld gemacht worden. Die öffentliche Schmähung der Künstler und der daraus resultierende Sensationsfaktor machte die Ausstellung trotzdem zu einem erfolgreichen Propagandainstrument.
Eine Ironie der Geschichte: Da die Ausstellungen im Künstlerhaus in den 1930er Jahren eher systemkonform waren, war das die avantgardistischste Kunstausstellung in Wien - seit langem.
Am Freitag, 21. Oktober 2011, stehen im Rahmen des Symposiums u. a. noch am Programm: "entartete Musik", die Künstlerhauspräsidenten Leopold Blauensteiner oder Rudolf Hermann Eisenmenger. Dieses Symposium fügt wieder ein paar Puzzlesteine mehr in die Lücken des österreichischen Geschichtsbewusstseins.
Textfassung: Ruth Halle