Die "Café Sonntag"-Glosse von Joesi Prokopetz

Krise-Schrägstrich-Humor

Krise. Unsere Vorfahren nannten das einfach "schlechte Zeiten." (Anonym)

Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt (Joachim Ringelnatz)

Joesi Prokopetz

über Krise und Humor

Im Chinesischen schreibt man Krise mit zwei Zeichen, eines davon bedeutet Gefahr, das andere Gelegenheit. Ja, die Weisheit der Chinesen. Zwei Zeichen dialektisch gesetzt, Gefahr als These, Gelegenheit als Antithese daraus folgt die Synthese, frei nach der Tante Jolesch: "Der liebe Gott bewahre mich vor jeder Gelegenheit, die gefährlich ist." Auch, so darf ich dazusetzen, wenn die Gefahr nur gelegentlich sein sollte. Und: Beim Humor hört sich der Spaß auf. Haha.

Ja und, werden Sie vielleicht sagen, zur Sache bitte Herr Prokopetz, packen Sie den Stier beim Euter, sprechen Sie doch von der Rezession, von der klaffenden Einkommensschere, von der Jugendarbeitslosigkeit, von der Altersarmut, von Occupy Wallstreet und von der Tea-Party, die da meint, man möge nicht demonstrieren, sondern besser arbeiten, auf dass man auch reich werde. Ja gut, red ich drüber und was jetzt? Ah ja: Banken und Konsumgüter-Fabrikanten werben mit flotten Liedern und archaischen Slogans wie: Luxus ist ein Recht! Geiz ist geil. Weil Sie es sich wert sind. Rubbeln Sie sich reich. Alles ist möglich. Nachbar in Not? Ja, natürlich, weil ich nichts zu verschenken habe!

Und dazwischen ein bissel Humor, eine aufmunternde Strophe aus einem Gassenhauer: I leb in ana Woikn und des is mei eig´ne Wöd. I hab a Sanduhr ohne Sand und hob mein Reichtum ohne Göd. Haha, ja, so ist das.

Halten wir es doch zum Beispiel mit den Top-Themen von populären, Wissensmagazinen. Was zerbrechen wir uns den Kopf über Krise, die unsolidarische Gesellschaft, die "sollen sie doch Gemüse in Ihren Blumenkisteln ziehen"- Mentalität der Dame, die immer feuchte Ohrläppchen hat, weil sie gar so breit grinst. Marie Antoinette ist für eine ähnlich Äußerung - eh schon wissen: "Kein Brot? Sollen Sie Kuchen essen!"- geköpft worden seinerzeit. Machen wir es wie die interessanten Wissensmagazine und diskutieren wir die wirklich relevanten Themen wie: Können Computer schizophren werden? Sind satte Richter milder? Macht Müll intolerant? Fragen wir die Gottvertrauer, warum es dort, wo es ohnedies genug Wasser gibt, ständig regnet, bis alles in Sintfluten versinkt und dort, wo eine gnadenlose Sonne nichts als Dürre herbeisegnt, kein Tropfen Regen fällt. Sagen wir Ihnen, wenn da ein Schöpfer, der sich einmischt am Werk ist und uns...hähä...liebt...das so einer, der solche fatalen Fehlleistungen bringt in der Privatwirtschaft nach 14 Tagen weg wäre.

Und wieder Humor, haha, noch ein Liedl, das uns den Weg weist.
A Mensch mecht i bleib´n, weil es is zum Speib´n, was de Leut olles auffiahrn wegen den depperten Göd. Es is doch ganz was anders des zöhd.
Ja, was denn? Was zählt denn? Ich zähle täglich meine Sorgen..?

"Pfo, ich krieg die Krise", ist längst aus den Stereotypen der Jugendsprache verschwunden, denn der junge Mensch kann die Krise nicht mehr kriegen, er hat sie schon. Und die Krise zieht Kreise! "Störe meine Kreise nicht," sagte Archimedes und ward von einem römischen Soldaten erschlagen. Wir sollten gewisse Kreise sehr wohl stören, um den Teufelskreis von Soll und Haben zu unterbrechen. Uns wird schon keiner erschlagen, denn aus den Römern sind...Italiener geworden. Bunga, Bunga!

Aber auch der Humor selbst steckt in einer Krise!
Wir werden von Comidians belagert, die wild grimassierend den Hanswurst machen und den Quoten-Witz reißen, über den die Werbewirtschaft auch lacht, weil sich die Primärzielgruppe amüsiert zeigt, auch wenn es sich oft und oft schlicht um Klowitze handelt. Haha. "Die Comedy ist die Blondine des Kabaretts!", sprach Ottfried Fischer. Und mit was? Mit Recht.

Ja, ja, Humor ist wenn man trotzdem lacht. Aber nicht trotz allem. Überhaupt ist Humor oft nur die Höflichkeit der Verzweiflung.

Schönen Sonntag. Wirklich!