Jazz ist nur der Ausgangspunkt
Elliott Sharp im Porgy & Bess
Jazz ist oft der Ausgangspunkt in den musikalischen Projekten von Elliott Sharp. Wohin die Reise geht, entscheidet sich aber erst im Prozess der Interaktion und Improvisation beim Konzert. Jetzt gibt Sharp gleich drei Konzerte im Wiener Porgy & Bess.
10. Oktober 2017, 18:19
Kulturjournal, 15.11.2011
Immer schon hat Elliott Sharp mit den klassischen Formen gespielt und sie radikal erweitert - sei es nun als Komponist oder als ausführender Musiker. Seine Unangepasstheit entspringt einem kulturellen Umfeld, das als New Yorker Downtown-Szene in die Geschichte eingegangen ist, und dem so unterschiedliche Musikerinnen und Musiker wie La Monte Young, Pauline Oliveros oder John Zorn angehörten.
Gemeinsam ist diesen Künstlern ein offener und sehr improvisatorischer Zugang zur Musik, in die auch Stile wie Jazz, Rock und Punk Eingang gefunden haben. Allerdings gehöre diese experimentelle Szene mittlerweile der Vergangenheit an, erklärt Elliott Sharp.
"New York hat sich fragmentiert. Manhattan ist heute kein musikalisches Zentrum mehr, sondern nur noch eine riesige Shopping-Mall. Die meisten Szenelokale sind nach Brooklyn gewandert, und auch die Künstler sind weggezogen. Aber es stimmt, dass in den 1980er-Jahren hier eine große Szene vorhanden war."
Ein vielseitiger Künstler
Elliott Sharp, der nach wie vor in Manhattan lebt und arbeitet, realisiert schon lange seine eigenen Projekte - und davon gibt es viele und höchst unterschiedliche, wie sich allein anhand seiner jüngsten CD-Veröffentlichungen zeigt.
So hat er mit "Octal: Book Two" ein Soloalbum vorgelegt, auf dem er auf einer speziell für ihn gebauten achtsaitigen Bassgitarre zu hören ist. Für den Film und Multimedia-Event "Spectropia", der im England des Jahres 2099 spielt, konzipierte er den Soundtrack, auf dem auch Popikone Debbie Harry einen Auftritt hat.
Dass sich Sharp in keine musikalische Kategorie pressen lässt, gehört zum künstlerischen Konzept. Viele würden ihn einfach als Freak sehen, weil er sich in keine Kategorie pressen lasse, meint der Künstler. Er selbst sehe sich am ehesten als Komponist.
Symphonieorchester und Streichquartette
Mit seinen symphonischen und kammermusikalischen Werken hat Elliott Sharp auch Einzug in die Konzertsäle gehalten und unter anderem mit dem Symphonieorchester des Hessischen Rundfunks oder dem Kronos Quartett zusammengearbeitet.
Im Bereich der Neuen Musik hat Sharp Kompositionstechniken entwickelt, die sich an physikalischen oder mathematischen Gesetzmäßigkeiten orientieren. Einen Schwerpunkt in Sharps musikalischen Schafen bilden allerdings Streichquartette - diese Gattung komme seinen klanglichen Idealvorstellungen am nächsten, erklärt der Künstler.
Drei Konzerte
Am Freitag wird das Koehne-Quartett im Wiener Porgy & Bess einige von Elliott Sharps Streichquartetten zum Besten geben. Und tags darauf wird der Musiker zusammen mit dem österreichischen "Studio Dan" auftreten. Dabei handelt es sich um ein 17-köpfiges Ensemble unter der Leitung des Posaunisten Daniel Riegler, das ähnlich stilübergreifend agiert wie Sharp.
Wer die vielen Facetten des musikalischen Grenzgängers Elliott Sharp kennenlernen möchte, hat in den kommenden Tagen die Möglichkeit dazu - die Jeunesse, die den Musiker nach Wien eingeladen hat, bietet für die Konzerte mit Sharp einen Drei-Tages-Pass an.