Barockes Drama mit heutiger Geschichte
"Susanna" im Schönbrunner Schlosstheater
Es ist ein so furioses wie selten gespieltes Stück von Georg Friedrich Händel und derzeit ist eine ebenso furios geglückte Aufführung im barocken Schönbrunner Schlosstheater zu sehen: Eine szenische Aufführung des Oratoriums "Susanna".
1. Jänner 2024, 13:55
Ist die Inszenierung eigentlich eine Opernklasse-Abschlussarbeit der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), so fesselt die Aufführung szenisch, gesanglich und instrumental wie ausgereift konzipiertes und überzeugendst umgesetztes großes Regietheater.
Die biblische Susanna im Zentrum
Die dramatische Geschichte der biblischen Susanna, die in den knapp zwei Stunden Aufführungszeit die Wandlung von einer naiv-frömmelnden Ehefrau zur völlig auf sich allein gestellten und an dieser Aufgabe gewachsenen, unabhängigen und selbstbestimmten Frau durchmacht, verwandelt sich in der so präzisen wie Entwicklungen zeichnenden Regie von Christiane Zaunmair und mit der grandiosen Hauptdarstellerin Sophie Rennert in ein barockes Drama mit dennoch heutiger Geschichte.
Zwei Patriarchen, schlicht "Elders" genannt, nach außen hin ehrenwerte Mitglieder der Gesellschaft und zugleich gewaltbereite, denunzierende geile Böcke, scheitern an der Vergewaltigung Susannas und sorgen daraufhin mit einer Verleumdung für ihre Verurteilung zum Tode. Erst ein unerklärt sich aus der blutrünstigen Volksmenge sich lösender junger Mann Daniel setzt durch, dass die beschuldigenden Elders sich ebenfalls den Fragen eines Verhörs stellen müssen, verheddern sich prompt in Widersprüche und werden der Verleumdung überführt.
Ungebrochene Macht des Patriarchalen
Die während dieser Entwicklung zur Selbständigkeit gereifte Susanna sieht sich in dieser klugen Inszenierung aber dennoch am Ende von einer ungebrochenen Macht des Patriarchalen umstellt, wenn die Plätze der abgeführten Elders von jenen zwei Männern eingenommen werden, die zuvor nichts zu Susannas Rettung beigetragen hatten, ihrem Vater und ihrem Mann.
All an dieser Produktion mitwirkenden Sängerinnen und Sänger erweisen sich als wunderbare Sängerschauspieler, das Bühnenbild ist so bildschön und schlicht wie symbolhaft überzeugend und das Orchester Collegium Musicum der mdw Wien, dirigiert von Guillaume Fauchère und mit Ingomar Rainer am Cembalo, zaubert die grandiose Musik Georg Friedrich Händels in ihrem Wechsel zwischen dramatischstem Aufheulen, Verzweiflungs- und Wutausbrüchen und natürlich auch schmelzend lyrischen Passagen ins barocke Ambiente des Schönbrunner Schlosstheaters.
Service
Letzte Vorstellung am Montag, 28. November 2011, 19:00 Uhr, Schönbrunner Schlosstheater
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