Regierung zahlt für Rückoperation

Skandal um Brustimplantate

Frankreich hat – nach dem herzschädigenden Schlankmacher „Mediator“ - seinen nächsten Gesundheitsskandal: in den letzten Jahren wurde Frauen gesundheitsschädliche Brustimplantate eingesetzt. Nun will die Regierung für die kostenlose Entfernung aufkommen.

Mittagsjournal, 20.12.2011

Aus Paris,

Rund 30.000 Frauen sind in den letzten zehn Jahren gesundheitsschädliche Brustimplantate eingesetzt worden, die zu Verformungen der Brüste, zu schwerwiegenden Entzündungen, ja zu Krebs führen können. Frankreichs Regierung und Gesundheitsbehörden wollen nun, dass alle betroffenen Frauen die Möglichkeit haben sollen, sich die nicht konformen Implantate kostenlos entfernen zu lassen. Ein in der Schönheitschirurgie bisher einzigartiger Fall.

Zwei tote Frauen

Im April 2010 war das umstrittene Implantat der Firma PIP vom Markt genommen worden, ohne dass dies damals für wirklich großes Aufsehen gesorgt hätte – nach und nach erst wurde klar, dass es sich dabei um einen Skandal von bedeutenden Ausmassen handelt, um einen skrupellosen Betrug. Die Firma hatte fast zehn Jahre lang wissentlich billiges Industriesilikon – das z.B. in der Computerindustrie zum Einsatz kommt - anstelle von hochwertigem medizinischen Silikon zur Herstellung verwendet – die Folge : die Implantate, die zudem von einer mangelhaften dünnen Schicht umgeben waren, rissen reihenweise - das austretende Silikon sorgte für schmerzhafte Entzündungen und hat eventuell Krebserkrankungen zur Folge – zwei betroffene Frauen sind verstorben, acht weitere an Krebs erkrankt – inwieweit ein direkter Zusammenhang besteht, ist bisher aber unklar.

Eine Betroffene, die sich wegen großer Beschwerden einer Nachoperation unterziehen musste, erzählt: „Der Chirurg dachte, dass nur ein Implantat gerissen wäre, aber es war bei beiden der Fall. Besonders auf der linken Seite hatte sich das Silikon überall verteilt, an den Lymphknoten, an den Rippen und dazwischen, am Brustbein und unter dem Busen – fast überall“.

Karnkenkasse zahlt Rückoperation

Regierungssprecherin Pecresse bestätigte am Vormittag die Informationen, wonach die Entfernung der Implantate von der Krankenkasse übernommen werde, sagte, man sei dabei, sich einen Überblick zu verschaffen – erst mal müssten sämtliche Frauen mit den fragwürdigen Implantaten ihren Chirurgen aufsuchen - bisher hat dies nur ein knappes Drittel getan. Das Problem dabei: es gibt insgesamt rund 500.000 Französinnen mit Brustimplantaten, viele von ihnen wissen nicht, welches Produkt genau sie im Körper tragen.

Und noch ein Problem bleibt bestehen: die französische Krankenversicherung übernimmt die Kosten für die Entfernung der gefährlichen Produkte aus Industriesilikon, nicht aber die Operation für ein neues Implantat, die rund 5.000 Euros kostet. Eine weitere Betroffene: „Mein Busen hing um mehr als 17 Zentimeter nach unten, das war enorm. Wenn man mir meine Prothese entfernt, wird es wieder wie vor meiner Operation sein. Das kann ich nicht akzeptieren, ich würde wieder im selben psychischen Zustand sein“.

Firma aufgelöst

2.000 betroffene Frauen haben bislang Klage eingereicht gegen den Hersteller, die Firma Poly Implant Prothesis – die inzwischen allerdings Konkurs angemeldet hat und von der Bildfläche verschwunden ist. Das Unternehmen, das eine Zeit lang weltweit der drittgrößte Hersteller von Brustimplantaten war und auf dem Markt am billigsten, hat 90 Prozent seiner Produktion exportiert – vor allem nach Großbritannien und Spanien, heißt es.